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Umweltfreundlicher Strom im Urwald

Johannes Beck/(fro)5. Juni 2002

Über neun Meter fällt der Wasserfall am Río Pingullo in die Tiefe, umgeben vom dichtem Regenwald des Amazonas-Gebietes in Ecuador. In einem kleinen Kraftwerks-Gebäude neben dem Wasserfall surrt unablässig eine Turbine.

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Energieversorgung durch WasserkraftBild: AP

Sie versorgt mit ihrer Leistung von 50 Kilowatt zwei benachbarte Dörfer mit Strom. Bis nach Huahua Sumaco ist es etwa ein Kilometer Fußmarsch quer durch den Regenwald. Das Dorf liegt weit abseits des nationalen Stromnetzes Ecuadors. Durch das 1998 errichtete Kleinst-Wasserkraftwerk haben die hier lebenden Familien der Quichua-Indios zum ersten Mal elektrische Energie bekommen, erzählt Moisés Avilés: "Früher, als es hier noch keine Energieversorgung gab, hatten wir kein Fernsehen oder andere Kommunikationseinrichtungen. Aber heute sind wir sehr gut über das informiert, was im Land und in der Region passiert. Das ist eine Erleichterung für uns."

Gemeinsames Arbeiten am Modellprojekt

Moisés Avilés ist Vorsitzender des lokalen Elektrizitätskomitees, das die Kraftwerksanlage selbst verwaltet. Den Bau der Anlage hat die deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) koordiniert. Aber auch die Bewohner der beiden Dörfer haben ihren Teil beigetragen: Sie haben den Weg angelegt und für den Transport des Baumaterials gesorgt. Dafür können sie jetzt die aktuellen Fernsehserien verfolgen, Radio hören und kühles Bier trinken.

Außerdem konnte durch den Strom inzwischen eine Schreinerei im Dorf gegründet werden und eine Austernpilzzucht entstehen, an der mehrere Familien beteiligt sind. Harald Mucker hat für die GTZ das Projekt koordiniert. Er kennt die Vor- und Nachteile von Kleinstwasserkraftwerken: "Bei Wasserkraft sind die Investitionskosten sehr hoch. Wir müssen am Anfang sehr viel Geld investieren, aber mittel- bis langfristig hebt es sich mit den niedrigen Betriebskosten wieder auf, da wir keinen Treibstoff brauchen. Der Treibstoff muss auch nicht in diese entlegenen Gebiete transportiert werden. Das ist immer das Handicap bei den Dieselaggregaten, die von den Politikern gerne verschenkt werden. Und dann sagen sie den Bewohnern: Jetzt habt Ihr Licht. Aber die haben eigentlich kein Licht, weil es ihnen an Geld für den Betrieb der Anlage fehlt."

Keine Bäume – kein Strom

Wichtig ist es, die zur Verfügung stehenden nationalen und internationalen Mittel für solche Projekte zu mobilisieren. Das ist im Fall der Cascada Gran Sumaco gut gelungen: Neben der GTZ haben sowohl das staatliche Elektrifizierungsinstitut als auch die Provinz- und Kreisverwaltung das Kleinstwasserkraftwerk mitfinanziert. Weitere Projekte sind bereits in Planung.

Die Kleinst-Wasserkraftwerke sind attraktiv, denn sie produzieren nicht nur umweltfreundlichen Strom, sondern motivieren die lokale Bevölkerung auch dazu, weniger Urwald abzuholzen. Der Grund: die Bäume speichern das Regenwasser, geben es langsam ab und sorgen so für einen kontinuierlichen Betrieb des Kraftwerks. Parkwächter Miguel Greffa berichtet von den Anfangsschwierigkeiten: "Zu Beginn war es etwas schwierig, die Leute hier davon zu überzeugen. Aber wir haben sie gefragt: 'Welchen Strom werdet Ihr noch haben, wenn Ihr die Bäume fällt?' Damit die Wasserzufuhr stabil bleibt, müssen sie auf beiden Seiten des Flusses mindestens 50 Meter Wald stehen lassen. Inzwischen schützt die hiesige Bevölkerung den Wald und kontrolliert sich dabei sogar gegenseitig." Die Strategie "keine Bäume, kein Strom, kein Fernsehen" ist in Sumaco aufgegangen.