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Unüberschaubare Lage in Usbekistan

13. Mai 2005

Nach nächtlichen Unruhen in der usbekischen Stadt Andischan demonstrieren nun tausende Menschen gegen das Regime von Präsident Islam Karimow. Gibt es nach Georgien und Kirgisien jetzt auch eine Revolution in Usbekistan?

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Usbekistan: Demonstration für GerechtigkeitBild: AP

Die Lage im Osten der zentralasiatischen Republik Usbekistan ist weiter gespannt. Tausende Demonstranten forderten am Freitag (13.5.) in der Provinzhauptstadt Andischan Staatspräsident Islam Karimow zu Verhandlungen auf. Er traf am Morgen in Andischan ein.

In der Nacht zuvor hatten bewaffnete Banden ein Gefängnis in der Konfliktregion Fergana-Tal gestürmt und tausende Häftlinge befreit. Nach offiziellen Angaben starben bei Schießereien neun Menschen, 34 Personen wurden verletzt.

Usbeken wehren sich

Auslöser der Unruhen war der Terrorprozess gegen 23 islamische Geschäftsleute, Bürgerrechtsaktivisten bezeichneten den Prozess als Teil einer Kampagne gegen religiöse Dissidenten. Den Geschäftsleuten drohen mehrere Jahre Haft wegen angeblicher extremistischer Umtriebe.

Sie sollen Mitglieder der verbotenen Organisation Hisb-ut-Tahrir sein. Die Organisation, die auch in Deutschland verboten ist, will im dicht besiedelten Fergana-Tal einen muslimischen Gottesstaat (Kalifat) errichten. Die Geschäftsleute bestreiten die Verbindung zu Hisb-ut-Tahrir und kämpfen für Gerechtigkeit. "Das Volk hat sich erhoben", sagte Walijon Atachondschonow, der Bruder eines Angeklagten.

Autoritäres Regime

Seit Jahren ist das Fergana-Tal an der Grenze zu Kirgisien Schauplatz gewaltsamer Auseinandersetzungen der Staatsmacht mit militanten Islamisten. Die politische Macht liegt seit 15 Jahren in den Händen des umstrittenen Präsidenten Islam Karinow. Sein Regime gilt als undemokratisch und korrupt. Reformen sind nicht in Sicht. Der frühere Kommunistenchef propagiert einen gemäßigten Staatsislam und verfolgt die Opposition. Nach Schätzungen von Amnesty International sitzen derzeit 8000 Regimegegner in Gefängnissen. Die Organisation spricht in ihrem Jahresbericht 2004 von einer miserablen Menschenrechtslage und wirft der Regierung Folter und Misshandlungen vor.

Mit Druck gegen das Chaos

Westliche Experten sehen die Gründe für die andauernden Konflikte im fruchtbaren, aber überbevölkerten Fergana-Tal weniger im religiösen Fanatismus als in der alltäglichen Not. "Wir sind keine Extremisten. Wir wollen Demokratie und Arbeit", riefen die bis zu 50.000 Demonstranten auf dem Platz von Andischan.

Die Regierung hat während der Unruhen alle ausländischen Nachrichtensender aus dem Fernsehprogramm genommen und sie durch ein Unterhaltungsprogramm ersetzt. Sicherheitskräfte riegelten die Stadt ab und errichteten Kontrollpunkte an den Ausfallstraßen. Die Behörden teilten mit, die Sicherheitskräfte hätten die Lage in der Stadt mit 320.000 Einwohnern unter Kontrolle.

Dagegen gaben die teilweise bewaffneten Demonstranten bekannt, sie hätten etwa 15 Polizisten in ihre Gewalt gebracht. Augenzeugen berichteten von einem massiven Aufgebot von Sicherheitskräften in der Stadt. Kirgisien und Kasachstan schlossen ihre Grenzen zu der Nachbarrepublik. (nis)