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UN: Guantanamo schließen

30. Oktober 2007

Militärgerichte, an Folter grenzende Verhörtechniken, Haft ohne rechtliche Grundlage: Mit der Wahrung der Menschenrechte haben diese Praktiken der USA nichts zu tun - befindet nun ein Bericht der Vereinten Nationen.

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UN-Menschrechts-Beobachter Martin Scheinin (Archiv, Quelle: AP)
Weg mit Guantanamo, fordert UN-Menschrechts-Beobachter Martin ScheininBild: AP

Die Vereinten Nationen fordern in dem Bericht zur Schließung des Gefangenenlagers Guantanamo auf. Alle so genannten "feindlichen Kombattanten" müssten entweder freigelassen oder vor Gericht gestellt werden. Der unabhängige UN-Beobachter für Menschenrechte im Kampf gegen den Terrorismus, Martin Scheinin, äußerte sich in dem Bericht tief besorgt über die amerikanischen Internierungspraktiken, die Existenz und die Arbeit von Militärgerichten sowie die Verhörtechniken.

Soldat im US-Gefangenenlager Guantanamo (Oktober 2007, Quelle: AP)
Das System Guantanamo verstößt gegen Völkerrecht, befindet der aktuelle UN-BerichtBild: AP

Scheinin ist ein Rechtsprofessor aus Finnland, der vom UN-Menschenrechtsrat mit der Erstellung des Berichts beauftragt wurde. Er erinnerte die Vereinigten Staaten daran, dass im internationalen Recht eine grausame und unmenschliche Behandlung von Häftlingen in keinem Fall gerechtfertigt sei. Trotz seiner Kritik bezeichnete Scheinin seinen Besuch in den USA im Mai als einen Schritt auf dem Weg zur Wiederherstellung der Vorbildfunktion des Landes in Bezug auf die Menschenrechte.

Recherchen in Südafrika einfacher

Leider habe er in Guantanamo keine Häftlinge unter vier Augen sprechen können. Im Gegensatz dazu habe er in der Türkei, in Südafrika und Israel ungehinderten Zugang zu Terrorverdächtigen erhalten. Nach seinem Besuch habe ihn die US-Regierung jedoch eingeladen, die Verfahren vor den Militärkommissionen zu beobachten. In seinem Bericht forderte der UN-Beauftragte die Abschaffung der Militärkommissionen, die US-Präsident George W. Bush 2001 ins Leben gerufen hatte. Sie wurden vom Obersten Gerichtshof der USA 2006 für unrechtmäßig erklärt, weil sie nicht vom Kongress autorisiert wurden. Kurz darauf verabschiedete der Kongress ein neues Gesetz und behielt die Kommissionen bei, vor denen sich die Häftlinge zu den Vorwürfen äußern können.

Verstöße gegen Völkerrecht

Scheinin warf den Kommissionen vor, sie wendeten das Strafgesetz rückwirkend an und verstießen damit gegen das Völkerrecht. Wann immer es möglich sei, müssten die Terrorverdächtigen vor zivile Gerichte gestellt werden. Er kritisierte die Einstufung als "feindliche Kombattanten", die keinerlei juristische Konsequenzen habe. Den Häftlingen müsse die Möglichkeit gegeben werden, ihren Status überprüfen zu lassen.

US-Flagge hinter Stacheldraht (Quelle: AP)
Ihre Vorbildfunktion in Punkto Menschenrechte haben die USA längst verspieltBild: AP

Ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, Jeffrey Gordon, erklärte, der Bericht werde von der Regierung geprüft. Er betonte, die Häftlinge in Guantanamo hätten größeren Zugang zu rechtsstaatlichen Verfahren als andere feindliche Kämpfer in der Geschichte der Kriegsführung. Die USA wollten Guantanamo schließen, erklärte er. Es wäre jedoch unverantwortlich, "solche gefährlichen Männer auf die allgemeine Bevölkerung loszulassen".

Rechtliche Folgen für Rumsfeld

Für den ehemaligen US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld könnten die Haftbedingungen in Guantanamo möglicherweise rechtliche Folgen haben: Am vergangenen Freitag hatten mehrere europäische und amerikanische Menschenrechtsgruppen in Paris Strafanzeige gegen Rumsfeld wegen Folter in Guantanamo und im Irak gestellt. Rumsfeld habe Kriegsverbrechen gebilligt und angeordnet, heißt es zur Begründung. "Wir wissen, dass wir ihn jetzt nicht ins Gefängnis bringen können, aber es wäre großartig sicherzustellen, dass er die USA nicht mehr wohlbehalten verlassen kann", sagte Michael Ratner vom in New York ansässigen Center for Constituional Rights am Freitag.

Zu den Unterzeichnern gehören außerdem das European Center for Constituional and Human Rights, die International Federation of Human Rights und die League of Human Rights. Die Strafanzeige fiel mit einem Besuch Rumsfelds am Donnerstag in Frankreich zusammen. Zitiert werden darin unter anderem Memos des früheren Pentagon-Chefs und interne Berichte. Die Staatsanwaltschaft wird aufgefordert, Ermittlungen aufzunehmen und Rumsfeld festnehmen zu lassen. (mg)