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UN-Koordinator muss aus Flüchtlingslager im Sudan fliehen

8. Mai 2006

Nach wütenden Protesten ist UN-Nothilfekoordinator Jan Egeland aus einem Flüchtlingslager in Darfur geflüchtet. Unterdessen wächst die Hoffnung auf Frieden in der sudanesischen Krisenregion.

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Jan EgelandBild: AP

Flüchtlinge in einem Lager im Südsudan haben am Montag (8.5.2006) ein Fahrzeug der Vereinten Nationen (UN) angegriffen. Der UN-Nothilfe-Koordinator Jan Egeland, humanitäre Helfer und Journalisten mussten das Lager Kalma in Darfur fluchtartig verlassen, nachdem eine Demonstration tausender Darfurer außer Kontrolle geraten war. Wie ein begleitender BBC-Korrespondent meldete, wurde eine Kundgebung der Flüchtlinge zu Gunsten eines Einsatzes internationaler Friedenstruppen gewalttätig, als eine Demonstrantin einen UN-Mitarbeiter beschuldigte, Mitglied der regierungsnahen Milizen zu sein. Ein UN-Fahrzeug sei daraufhin mit Beilen und Steinen beworfen worden.

"Druck ist nötig"

Kurz zuvor hatte Egeland im BBC-Interview den Einsatz von Friedenstruppen in Darfur als lebenswichtig bezeichnet. Die sudanesische Krisenregion werde "nach und nach stranguliert, sie stirbt vor unseren Augen". Es seien Scharen arabischer Reiterbanden in der Region, die die schwarze Bevölkerung unterdrückten. Mittlerweile sei die Hälfte der Bevölkerung zu Kriegsopfern geworden.

SLA-Delegation
Vertreter der sudanesischen Befreiungsarmee (SLA) vor den FriedensgesprächenBild: AP

Mit der Vereinbarung zwischen Khartum und der größten Rebellenbewegung SLA vom Wochenende "bekommen wir zwar gerade die Kurve", sagte Egeland. Nun müsse aber die gesamte internationale Gemeinschaft weiter Druck auf alle Konfliktparteien ausüben. Insgesamt starben in dem Konflikt seit 2003 rund 300.000 Menschen. Mehr als zwei Millionen wurden zu Flüchtlingen. Egeland wollte am Montag in der Hauptstadt Khartum zu Gesprächen mit der sudanesischen Regierung zusammentreffen.

Kleine Rebellengruppen verhandlungsbereit

Nach der Unterzeichnung des Friedensabkommens für die westsudanesische Krisenregion Darfur hatte Sudans Regierung am Samstag (6.5.) angekündigt, sich für eine Umsetzung des Friedensabkommens einzusetzen. Khartum werde sich für den Wiederaufbau der Region einsetzen und in Zusammenarbeit mit den beteiligten Gruppen für den Erfolg des Abkommens arbeiten, hieß es in einer Erklärung der Regierung. Nach Angaben von Außenminister Dschamal Ibrahim will der Sudan auch eine bislang abgelehnte UN-Mission in der Region prüfen. Eine Entsendung ausländischer Truppen nach Darfur ohne Einverständnis Khartums werde es jedoch nicht geben, betonte Ibrahim.

Derzeit hat die AU rund 7800 Soldaten in Darfur stationiert. Wegen der Finanzierungsprobleme des seit 2004 laufenden Einsatzes forderte der UN-Sicherheitsrat jedoch kürzlich dessen Übergabe an die Vereinten Nationen (UN). Die AU kündigte an, auch noch die beiden kleineren Rebellengruppen zur Zustimmung zu dem Friedensabkommen bewegen zu wollen. "Wir hoffen, alle an Bord zu bekommen", sagte AU-Sprecher Nuredin Mesni am Samstag. Das Abkommen wurde bislang nur vom Sudan und der größeren Fraktion der Sudanesischen Befreiungsbewegung (SLM) unterzeichnet. Eine kleinere SLM-Gruppe und die Bewegung für Gerechtigkeit und Gleichheit (JEM) verweigerten die Unterschrift, ihre Vertreter deuteten jedoch Verhandlungsbereitschaft an.

Referendum über die Zukunft

Das Friedensabkommen sieht ein Referendum über die Zukunft Darfurs vor. Zudem soll es sicherstellen, dass Vertreter der Rebellen an der sudanesischen Regierung beteiligt werden und ein Wiederaufbaufonds eingerichtet wird. Die Aussicht auf eine weitgehende Autonomie Darfurs, eine größere Teilhabe der Region an der Macht und dem Reichtum des Landes sollen den Konflikt beenden, in dem binnen drei Jahren bis zu 300.000 Menschen starben und Millionen in die Flucht getrieben wurden.

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) wies darauf hin, dass die Lage in der Krisenregion Darfur weiter dramatisch sei. Hunderttausende Menschen litten schwerste Not, teilte die Organisation mit. Die Situation werde verschärft, weil die Arbeit der Hilfsorganisationen behindert und Hilfskonvois von Rebellen geplündert würden. Die rund 14.000 vor allem aus dem Sudan stammenden Helfer litten täglich unter Behördenschikanen und willkürlichen Verhaftungen. Mindestens 650.000 Menschen haben demnach keinen oder kaum Zugang zu humanitärer Hilfe, berichtet HRW unter Berufung auf UN-Zahlen. (stu)