1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Grünes Licht für Mali-Einsatz

Peter Hille 21. Dezember 2012

Der UN-Sicherheitsrat hat grünes Licht für einen Militäreinsatz in dem westafrikanischen Land gegeben. Experten rechnen aber nicht damit, dass afrikanische Truppen bald in den Norden Malis aufbrechen.

https://p.dw.com/p/177ZU
Innenansicht des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen. Abgeordnete sitzen um einen halb runden Tisch. ( Foto: Soeren Stache)
UN-Sicherheitsrat in New YorkBild: picture-alliance/dpa

Als historischen Schritt im Kampf gegen den Terrorismus bezeichnete Malis Außenminister Tiéman Coulibaly die Resolution, die der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen in New York verabschiedete. Seit Januar 2012 wird das westafrikanische Land von Machtkämpfen im Norden erschüttert. Dort hatten zunächst Angehörige der Tuareg-Volksgruppe für einen eigenen Staat gekämpft. Im April gewannen dann islamistische Rebellen die Oberhand. Sie wollen in Mali einen Gottes-Staat errichten und stehen in enger Verbindung zur Terrorgruppe Al Kaida. Auf lange Sicht könnte Nord-Mali damit ein Rückzugsraum für islamistischen Terror werden.

"Mali begrüßt diese Resolution“, erklärte Coulibaly. Sie zeige das Engagement der internationalen Gemeinschaft an Malis Seite im Kampf gegen den Terrorismus und das grenzüberschreitende organisierte Verbrechen. “Denn diese bedrohen auf gefährliche Weise die regionale Stabilität, den Frieden und die Sicherheit in der Welt“, so Coulibaly weiter.

Bewaffnete Soldaten stehen neben und teilweise auf einem Anhänger eines kleinen Lastwagens. (Foto: BALDE/AFP/GettyImages)
ECOWAS-Soldaten bei einem EinsatzBild: AFP/Getty Images

Resolution ja, Unterstützung vielleicht

Bereits im Oktober hatte der Welt-Sicherheitsrat in einer ersten Resolution klar gemacht, dass er einen möglichen Militäreinsatz afrikanischer Staaten in Mali grundsätzlich befürworte. Die Wirtschaftsgemeinschaft westafrikanischer Staaten (ECOWAS) hatte sich zuvor bereiterklärt, mit mehr als 3000 Soldaten in Mali einzumarschieren und die malische Armee im Kampf gegen die Rebellen zu unterstützen. Das mächtigste Organ der Vereinten Nationen hielt die militärische Planung der ECOWAS allerdings für unzureichend.

Nach monatelangem Hin und Her um die Einsatzpläne und Nachbesserungen von Seiten der ECOWAS hat der Sicherheitsrat einen afrikanischen Militäreinsatz nun zum ersten Mal genehmigt. Unter dem Kürzel AFISMA sollen Truppen der ECOWAS die malische Armee bei der Befreiung des Nordens unterstützen. Die Abkürzung steht für "African-led International Support Mission", zu deutsch: "afrikanisch geführte Unterstützungsmission für Mali“.

(Foto: HABIBOU KOUYATE/AFP/GettyImages)
Malisches MilitärBild: Habibou Kouyate/AFP/GettyImages

Ohne Geld kein Einsatz

Einen Zeitplan für den AFISMA-Einsatz legte der UN-Sicherheitsrat allerdings nicht vor. Was außerdem fehlt, ist Geld. Eine Militärmission könnte bis zu 500 Millionen Euro kosten. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon solle eine Geberkonferenz organisieren um die notwendigen Mittel zusammenzubekommen, heißt es in der Resolution.

“Außer der EU hat sich bisher aber niemand bereiterklärt, finanziell etwas beizutragen“, sagt Karl Flittner, bis Juni 2012 deutscher Botschafter in Bamako. Im DW-Gespräch zeigt sich der pensionierte Diplomat skeptisch. Er bezweifelt, dass die malische Armee ohne massive logistische Unterstützung erfolgreich sein wird. “Sie ist sehr geschwächt und demoralisiert und sehr, sehr schlecht ausgerüstet. Und da ist, glaube ich, die Europäische Union die richtige Adresse, um zu helfen. Andere Geber gibt es bisher noch nicht. Auf die wird man zugehen müssen.“

Europa bietet Militärberater

Doch auch wenn ein Einsatz am Geld nicht scheitern sollte: “Die Frage ist, wie leicht es der ECOWAS fallen wird, nun wirklich Truppen auf die Beine zu stellen“, sagt Karl Flittner. Die EU-Staaten und die USA haben bereits erklärt, keine eigenen Kampftruppen einsetzen zu wollen. Ein Einsatz werde deshalb kaum vor Herbst nächsten Jahres starten, so Flittner im Gespräch mit der DW. “Das ist wohl leider realistisch.“

Eine Gruppe europäischer Staaten hat angekündigt, die Mission - wenn sie denn startet - nicht nur mit Geld, sondern auch mit Militärberatern zu unterstützen. Dazu gehören Frankreich, Polen, Italien, Spanien und Deutschland. Als ehemalige Kolonialmacht ist besonders Frankreich politisch und wirtschaftlich immer noch eng mit den Staaten Westafrikas verbunden. Zuletzt hatte sich das Land als einziger Staat des Westens für eine militärische Lösung der Mali-Krise starkgemacht. Paris hatte darauf gedrungen, noch in diesem Jahr eine entsprechende Resolution zu verabschieden und den Entwurf dafür im Welt-Sicherheitsrat eingebracht.

Drohen und Verhandeln

“Unser Text ist keine Kriegserklärung“, beteuerte der französische UN-Botschafter Gérard Araud in New York. Der UN-Sicherheitsrat habe sich mit der verabschiedeten Resolution noch nicht für eine militärische Lösung der Mali-Krise entschieden. “Wir verleihen damit - ganz im Gegenteil - unserer Hoffnung Ausdruck, dass ein Dialog zwischen der Regierung in Bamako und den Rebellen und Terroristen im Norden zu einer politischen Lösung führt“, so Araud weiter.

In der Tat ruft der UN-Sicherheitsrat die Regierung in Bamako dazu auf, die begonnenen Friedensgespräche fortzusetzen. Seit Anfang Dezember verhandelt die malische Regierung mit zwei der vier Rebellengruppen, die den Norden Malis kontrollieren. Zum einen mit der religiösen Gruppe der Ansar Dine, den “Verteidigern des Glaubens“, zum anderen mit den Tuareg-Rebellen der Bewegung für die Befreiung des Azawad (MNLA). Allerdings haben radikalere Islamisten diese Gruppen im Norden des Landes weitgehend aus den größeren Städten verdrängt.

Die humanitäre Katastrophe geht weiter

“Außerdem kann man mit diesen Leuten eigentlich nicht verhandeln, wenn man gewisse Prinzipien einhalten will“, erklärt der ehemalige deutsche Botschaft Karl Flittner im DW-Interview. Denn sie lehnten zum einen die in der malischen Verfassung verankerte Trennung von Staat und Religion ab. Zum anderen stellten sie die territoriale Integrität Malis in Frage. "Denn eigentliches Ziel der Tuareg-Rebellen ist ein eigener Staat."

(Foto: AHMED OUOBA/AFP/GettyImages)
Malische Flüchtlinge in Burkina FasoBild: Getty Images/AFP

Bislang konnten sich Rebellen und Regierung in ihren gemeinsamen Gesprächen nur darauf einigen, dass sie die Verhandlungen fortsetzen wollen. Für die Menschen, die im Norden Malis aktuell unter der Besatzung der Islamisten leiden, ändere sich auch durch die Drohkulisse eines AFISMA-Einsatzes nichts, erklärt Annette Lohmann von der Friedrich-Ebert Stiftung in Bamako. “Zudem sind ja über 400.000 Menschen auf der Flucht oder intern vertrieben“, so Lohmann im Gespräch mit der DW. “Auch an deren Situation wird sich erst einmal nichts ändern.“