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Viele Sitzungen, wenig Ergebnisse

Eric Segueda12. März 2013

Konferenzen der Vereinten Nationen gelten als Foren zur Lösung oft weltumspannender Probleme. Meist bleiben die Ergebnisse jedoch hinter den Erwartungen zurück.

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Klimakonferenz in Doha (Foto: Xinhua/Li Muzi)
Bild: picture-alliance/dpa

Groß angekündigt, sind internationale Konferenzen der Vereinten Nationen meist auch große Medienspektakel. Tausende von Delegierten, Beauftragten und Aktivisten reisen an, um ehrgeizige politische wie gesellschaftliche Anliegen und ihre Umsetzung zu diskutieren. Kaum kleiner ist die Zahl der angereisten Journalisten. Ihre Aufgabe: die Weltöffentlichkeit über die erhofften Erfolge zu informieren.

Doch die Erfolge sind nicht selten sehr bescheiden oder sie bleiben ganz aus. Das bekannteste Beispiel dafür sind die Weltklimakonferenzen. Seit 1995 finden sie einmal im Jahr statt. Ihr Ziel: den drohenden Klimawandel zu verhindern, zumindest aber aufzuhalten. Haben die Treffen bislang etwas gebracht? Allenfalls in bescheidenem Maß, erklärt Philip Bedall, Doktorand über die internationale Klimabewegung und Klimaaktivist in Berlin: "Die letzten 15 Jahre Klimaverhandlungen haben erreicht, dass Mechanismen für die Emissionsreduzierung etabliert wurden. Diese werden aber nicht eingehalten."

Wirtschaftpolitik bestimmt Klimapolitik

Im Rahmen des 1997 beschlossenen Kyoto-Protokolls wurde den Industrieländern auferlegt, ihre Emissionen bis 2012 um durchschnittlich fünf Prozent zu senken. Doch die weltweit größten CO2-Emittenten, allen voran USA und Russland, fühlen sich nicht angesprochen. Beide Staaten haben das Protokoll bis heute nicht ratifiziert. Vor zwei Jahren stiegen auch Japan und Kanada aus dem Programm aus. "Die Gründe dürften vor allem wirtschaftspolitischer Art sein", vermutet Bedall.

Magere Ergebnisse verzeichnete auch Rio+20. Auf der im Juni 2012 veranstalteten Konferenz über nachhaltige Entwicklung formulierten die teilnehmenden Staaten ehrgeizige umweltpolitische Ziele. Entschlossen sprachen sich die Delegierten für das Prinzip umweltschonenden Wirtschaftens aus. Doch aus einigen wesentlichen Staaten waren offizielle Vertreter nicht einmal angereist - ein Umstand, der sich auch in der umstrittenen Abschlussdeklaration spiegelt. "Die Länder wollten Pläne entwickeln, wie in einzelnen Ländern nachhaltige Wirtschaftspfade eingeschlagen werden können", sagt Nina Netzer vom Referat für Globale Politik und Entwicklung der Friedrich-Ebert-Stiftung: "Diese kamen jedoch aufgrund der Differenzen über die Bedeutung des Begriffes 'nachhaltiges Wirtschaften' nicht zustande."

Fehlender politischer Wille

Trotz ihrer oft bescheidenen Ergebnissen gelten die UN-Konferenzen als sinnvoll. "Es ist klar, dass wir bessere Ergebnisse hätten erzielen müssen, aber dennoch gibt es keine Alternative", so Netzer. Ebenso sieht es auch Henning Wüster vom Sekretariat des "Green Climate Fund" der Vereinten Nationen in Bonn. Die Konferenzen böten Vereinen und Organisationen eine Plattform, ihre Sichtweise der internationalen Angelegenheiten vorzutragen. "Große UN-Konferenzen werden zum großen Teil von Verbänden genutzt, die ihre Arbeit vorstellen. Und das ist die Basis für Regierungsvertreter, um die internationale Zusammenarbeit voranzutreiben", so Wüster.

Wenn Konferenzergebnisse hinter den Erwartungen zurückblieben, liege das am fehlenden politischen Willen der einzelnen Staaten, erklärt der Klimareferent bei der NGO "Germanwatch", Manfred Treber: "Das Problem liegt nicht bei den UN, sondern bei den nationalen Regierungen. Wenn die Regierungen in Washington, Moskau, Peking, Tokio oder Berlin etwas anderes wollen als das, was die UN wollen, kann nichts heraus kommen". Denn über die Frage, welches Ergebnis am Ende einer UN Konferenz stehen sollte, entschieden letzten Endes die nationalen Regierungen.

Die Weltgemeinschaft wachrütteln

UN-Konferenzen haben darum nur soviel Macht, wie die in den Vereinten Nationen zusammengeschlossenen Regierungen ihnen zugestehen. Die Erwartung etwa, eine Klimakonferenz könne die riesige Herausforderung des Klimawandels lösen, sei darum überzogen, so Treber. Ihr Sinn sei ein anderer: "Die Konferenz ist in sich schon eine starke Botschaft für Klimaänderung. Die Weltgemeinschaft wird wach gerüttelt mit der Aussage: Da ist ein Problem."

Obwohl Klimaaktivist Bedall sich mit den Ergebnissen der UN-Konferenzen nicht zufrieden gibt, ist er davon überzeugt, dass sie starke Impulse aussenden. Seit 2006 gebe es in Industrieländern sogenannte "Klimacamps“, die von den Klimakonferenzen inspiriert seien: "Das sind Orte, wo demokratischer Wille stattfindet und über die Alternativen einer sozial-ökologisch gerechten Gesellschaft gesprochen wird". Außerdem komme es auch zu Protestveranstaltungen, die politische Entscheidungen beeinflussen könnten.

Engagement und Vertrauen wichtig

So ist es Bürgerinitiativen in den letzten Jahren gelungen, die von ihnen für klimaschädlich erachteten Kohlekraftwerke zu verhindern. Auch in den USA bildet sich derzeit eine Klimabewegung. Sie organisierte erste Proteste, auf denen 20.000 bis 30.000 Aktivisten auf die Straße gingen, um die Politiker zum Klimaschutz zu bewegen.

Nina Netzer setzt ebenfalls auf Bürgerbewegungen: "Auf nationaler Ebene können die Bürger und Organisationen auf diese Weise Druck auf ihre Regierungen ausüben, damit sie die Verhandlungen entscheidende Schritte voranbringen." Gleichzeitig seien aber die Regierungen in der Pflicht, sich an ihre Versprechen zu halten, damit die Konferenzen nicht im Sande verliefen.

Nicht eingelöste Verpflichtungen

Enttäuschend waren für Netzer vor allem die Erfahrungen aus der Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen. Dort wurde beschlossen, dass Entwicklungsländer zusätzlich zu den bisher gezahlten Entwicklungsgeldern eine finanzielle Unterstützung erhalten sollen um einen CO2-armen Wohlstandspfad einschlagen zu können. Von diesen Verpflichtungen wurde kaum eine eingehalten: "Die Industrieländer haben Entwicklungsgelder umetikettiert. Sie gaben keine zusätzlichen Gelder. Das zerstört Vertrauen."

Auf dieses schwindende Vertrauen hinzuweisen, auch dazu dienen die großen UN-Konferenzen. Wenngleich sie nicht alle Erwartungen erfüllen, setzen sie zumindest ein Zeichen. Und das wird wahrgenommen.

Porträt von Nina Netzer (Foto: DW)
Nina Netzer: "UN Konferenzen sind trotz mancher Schwächen sinnvoll."Bild: DW/W. Segueda
Klimaaktivisten demonstieren während der UN-Konferenz in Cancun 2010. (Foto: Helle Jeppesen / DW)
Klimaaktivisten vor UN-Konferenz in Cancun 2010Bild: DW
Der Klimaaktivist Philip Bedall (Foto: DW)
Philip Bedall: "Die Zivilgesellschaft kann starke Impulse aussenden"Bild: DW/W. Segueda