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Einigung in Genf

19. Juni 2007

Nach monatelangem Ringen hat sich der UN-Menschenrechtsrat im Grundsatz auf Arbeitsregeln geeignet. Künftig soll der Rat die Lage der Menschenrechte in allen UN-Ländern regelmäßig kontrollieren.

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Der Präsident des UN-Menschenrechtsrates Luis Alfonso de Alba, Quelle: AP
Zufrieden: Der Präsident des UN-Menschenrechtsrates Luis Alfonso de AlbaBild: AP

46 der 47 Mitgliedstaaten billigten am Dienstag (19.6.07) nach mehrtägigen Beratungen in Genf eine Verfahrensweise, die unter anderem vorsieht, dass alle Länder der Vereinten Nationen zu einer regelmäßigen Überprüfung ihrer Menschenrechtssituation verpflichtet sind.

Von einer regelmäßigen Kontrolle der Menschenrechtslage in allen UN-Ländern versprechen sich Menschenrechtsaktivisten größeren öffentlichen Druck. Das UN-Gremium kann aber keine Sanktionen gegen Staaten verhängen.

Kuba und Weißrussland werden nicht mehr beobachtet

Außerdem beschloss das Gremium, die Sonderbeobachtung der Menschenrechtslage in Kuba und Weißrussland zu beenden. Dies war nach Angaben aus Verhandlungskreisen ein Zugeständnis an die chinesische Regierung. Kanada wollte noch erreichen, dass Weißrussland und Kuba weiterhin beobachtet werden. Doch der Präsident des Rates, der mexikanische UN-Botschafter Alfonso de Alba, wollte den erzielten Konsens nicht gefährden und ließ abstimmen. Auf Kanada fiel die einzige Gegenstimme.

Zu den Ländern, deren Menschenrechtslage weiter genauer beobachtet werden müsse, zählte der Rat Nordkorea, Kambodscha und den Sudan. Auch die Situation in den palästinensischen Gebieten müsse in besonderer Weise regelmäßig überprüft werden, erklärte das UN-Gremium.

Verhaltene Freude über Einigung

De Alba begrüßte die Einigung ebenso wie der deutsche UN-Vertreter Michael Steiner, der im Namen der Europäischen Union sprach. Das Ergebnis sei zwar nicht ideal, aber ein Scheitern des nach einjährigen Beratungen gefundenen Kompromisses wäre für den Rat ganz schlecht gewesen. Somit habe man jetzt ein "bemerkenswertes Ergebnis" erzielt, sagte Steiner. Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke, sagte der "Netzeitung", die Einigung sei "ein Ergebnis, auf das ich nicht zu hoffen gewagt hatte".

Der Menschenrechtsrat in Genf, Quelle: AP
Der Menschenrechtsrat arbeitet seit 2006 in GenfBild: AP

Um ein Sonderverfahren wegen Menschenrechtsverletzungen in einem Land einzuleiten, sei künftig eine "möglichst breite Mehrheit" der 47 Mitgliedstaaten notwendig, hieß es in Genf. Eine einfache Mehrheit könnte nach Angaben von Diplomaten ausreichen. China hatte zuvor auf eine Zwei-Drittel-Mehrheit bestanden, in letzter Minute aber eingelenkt. Vor allem die acht EU-Staaten im UN-Gremium unter Führung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft hatten die Forderungen nach einer Zwei-Drittel-Mehrheit abgelehnt.

Kritik von Human Rights Watch

Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) tadelte, dass der Rat die Sonderbeobachtung Kubas und Weißrusslands nicht fortsetzen will. Mit Blick auf die schlechten Menschenrechtsbedingungen in beiden Ländern sei die Entscheidung des Rates nicht zu verstehen. HRW bemängelte weiter, dass der Rat mehrere beunruhigende Situationen etwa in Afghanistan, Kolumbien, Irak oder Sri Lanka übersehe.

Im deutschen Bundestag stieß die Einigung auf ein geteiltes Echo. Die menschenrechtspolitische Sprecherin der Unionsfraktion, Erika Steinbach, und der stellvertretende Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses, Holger Haibach, erklärten, der Kompromiss sei ein positives Signal. Es sei jedoch Besorgnis erregend, dass die Sonderbeobachtung von Ländern wie Kuba oder Weißrussland dem Gesamtkompromiss zum Opfer gefallen sei.

Der UN-Menschenrechtsrat hatte am 19. Juni 2006 die Menschenrechtskommission abgelöst und genau ein Jahr Zeit bekommen, seine zentralen organisatorischen Entscheidungen zu treffen. Das neue Gremium steht in der Kritik - unter anderem, weil ihm auch Staaten angehören, denen selbst Menschenrechtsverstöße vorgeworfen werden. (tos)