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Und aus der Ferne grüßen die Bayern

Olivia Gerstenberger21. Dezember 2015

Das schnellste Tor der Bundesliga-Geschichte, ein Fünferpack vom Edeljoker, gleich mehrere Überraschungsteams und der FC Bayern erneut übermächtig: So war die Hinrunde der Fußball-Bundesliga.

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Kölner Spieler bedanken sich bei ihren Fans mit einem Transparent (Foto: Revierfoto +++ (C) picture-alliance/dpa/Revierfoto)
Bild: picture-alliance/dpa/Revierfoto

Bayern, immer wieder Bayern - der deutsche Rekordmeister war auch 2015 nahezu unantastbar. Mit fünf Toren in einem Auftaktspiel und zehn Siegen in Folge purzelten schon zu Saisonstart wieder einmal Rekorde. Die nun eingespielten 46 Punkte bedeuten allerdings "nur" die zweitbeste Hinrunde der Vereinsgeschichte. Bis auf eine Niederlage gegen Borussia Mönchengladbach im Hinrunden-Endspurt und ein Remis gegen Eintracht Frankfurt marschierte die Mannschaft von Trainer Pep Guardiola mühelos durch die Liga und hat zur Winterpause komfortable acht Punkte Vorsprung auf Verfolger Borussia Dortmund herausgespielt. Guardiola zog ein nüchterndes Fazit: "Wir sind ein bisschen müde. Ich muss meiner Mannschaft ein Kompliment machen, wir hatten in den letzten zwei Monaten viele Probleme. Ich hoffe, einige Spieler kommen nächstes Jahr gesund zurück." Spannung im Meisterschaftskampf sieht jedenfalls anders aus.

Dabei ist der BVB als Tabellenzweiter mit famosen 38 Punkten wieder zurück in der Erfolgsspur, hat unter dem neuen Trainer Thomas Tuchel eine hervorragende Hinserie hingelegt und ist im Vergleich zur Vorsaison nicht wiederzuerkennen. "Die Ergebnisse der Hinrunde sind das Resultat einer besonderen Haltung, die die Mannschaft entwickelt. Darüber bin ich sehr glücklich", konstatierte Tuchel. Mit Pierre-Emerick Aubameyangs 18 Treffern und vier Assists in 17 Spielen haben die Dortmunder nicht nur den Top-Torschützen, sondern auch den Top-Scorer in ihren Reihen. Wenn das so weitergeht, könnte sogar die 40-Tore-Marke von Gerd Müller aus der Saison 1971/72 wackeln!

Fünf Tore in neun Minuten

Schnelle Tore gab es ebenfalls: Spektakulär die fünf Treffer in knapp neun Minuten von Bayern-Stürmer Robert Lewandowski - wohlgemerkt erst nach seiner Einwechslung in der 2. Halbzeit beim 5:1 gegen Wolfsburg. Dazu kamen einige Dreierpacks, unter anderem der von Leverkusens neuem Stürmerstar "Chicharito" gegen Borussia Mönchengladbach. Der Mexikaner war in der Hinrunde an fast der Hälfte aller Ligatreffer der Leverkusener beteiligt. Den schnellsten Treffer der Bundesliga-Geschichte erzielte jedoch ein anderer: Kevin Volland nach neun Sekunden gegen keinen geringeren als den FC Bayern München. Dabei war sein Treffer einen Sekunden-Bruchteil schneller als der von Karim Bellarabi aus dem Vorjahr.

Für die TSG, die seit Ende Oktober von Huub Stevens betreut wird, verlief die Hinrunde insgesamt ziemlich katastrophal und endete folgerichtig auf dem letzten Tabellenplatz. Daran änderte auch die Bundesliga-Rückkehr von Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi (elf Einsätze, kein Tor) nichts.

Bayern-Stürmer Robert Lewandowski beim Jubel fünf Finger für seine fünf Tore in einem Spiel. (Foto: Andreas Gebert/dpa)
FÜNF Treffer in neun Minuten - Lewandowski besiegt Wolfsburg im AlleingangBild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Enttäuscht haben auch Werder Bremen, Hannover 96 und der VfB Stuttgart, die allesamt im Tabellenkeller hängen. Hannover und Stuttgart wechselten die Trainer. Dabei war Michael Frontzeck (Hannover) nach Lucien Favre (Mönchengladbach), Alexander Zorniger (Stuttgart) und Markus Gisdol (Hoffenheim) der vierte Bundesligatrainer, der in der laufenden Saison vorzeitig geht. Der VfB schaffte immerhin am letzten Spieltag einen Überraschungserfolg gegen Wolfsburg, der die Stuttgarter auf einen Nicht-Abstiegsplatz katapultierte und Rückenwind für den Rückrundenstart geben dürfte.

Neue Trainer sorgen für Furore

Eine Achterbahnfahrt der Gefühle erlebten die Fans von Borussia Mönchengladbach: Champions League, Pleitenserie, dann der völlig überraschende Rücktritt von Trainer Lucien Favre nach der Derbyniederlage gegen den 1. FC Köln. Daraufhin der furiose Start von Interimscoach André Schubert, der die Borussia vom letzten Tabellenplatz wieder auf einen internationalen Rang führte. Mit sechs Siegen in Folge nach seinem Amtsantritt egalisierte Schubert den Rekord von Ex-Stuttgart-Coach Willi Entenmann.

Herausragende Trainerarbeit zeigten in der Hinrunde neben Schubert auch Dirk Schuster und Ralph Hasenhüttl, die mit den beiden Aufsteigern SV Darmstadt 98 (13.) und FC Ingolstadt (11.) eine bemerkenswerte Hinrunde absolvierten. Die "Lilien" standen nach ihrem Durchmarsch von der 3. Liga kein einziges Mal auf einem Abstiegsplatz und feierten einen vielumjubelten 1:0-Sieg beim Erzrivalen Eintracht Frankfurt. Für Ingolstadt gab es sogar Komplimente von Bayern-Trainer Pep Guardiola, der den Aufsteiger als "besten Gegner der Saison" beschrieb. Schanzer-Trainer Hasenhüttl blieb jedoch bescheiden: "Solange es 0:0 steht, ist es für uns immer ein gutes Ergebnis und für den Gegner immer ein schlechtes Ergebnis."

Überraschungsteam Nr. 1: Hertha BSC

Die Mannschaft der Stunde ist jedoch eine andere: Pal Dardai schaffte das Kunststück, Hertha BSC auf einem Champions-League-Platz überwintern zu lassen. Die Berliner rangieren völlig überraschend auf Platz drei, schafften bereits einen Sieg mehr als in der gesamten Vorsaison und spielten die zweitbeste Hinrunde der Vereinsgeschichte. Nach den massiven Abstiegssorgen der Vorsaison haben die Hauptstädter mit 32 Punkten nun fast schon den Klassenerhalt in der Tasche. "Das bin nicht ich alleine", gab sich Dardai bescheiden. "Dazu gehören eine gute Mannschaft, viele gute Fans, gute Mitarbeiter - das ist eine Zusammenarbeit. Deswegen funktioniert es."

Funktioniert hat auch die neu eingeführte Torlinientechnik, die jedoch nur in wenigen Fällen zum Einsatz kam. Sie sei dennoch eine "Entlastung" für die Schiedsrichter, urteilte Herbert Fandel, Chef der DFB-Schiedsrichter-Kommission. "Sie sorgt für absolute Sicherheit in der Frage Tor oder kein Tor." Der Schiri-Chef zog insgesamt ein selbstkritisches Hinrunden-Fazit: "Wir können nicht zufrieden sein. Es hat schwerwiegende Fehler gegeben", sagte er der Fußball-Zeitschrift kicker. Der unberechtigte Elfmeter in München gegen Augsburg und das Handtor in Köln hätte die Stimmung zudem noch negativ beeinflusst.

Hertha-Spieler jubeln (Foto: AFP / Robert MICHAEL)
Ungeahnte Höhenflüge für Hertha BSCBild: R. Michael/AFP/Getty Images

Gestohlener Koffer und beleidigter Teamarzt

Kurios ging es wieder einmal beim Hamburger SV zu. Sportdirektor Peter Knäbel ging ein Rucksack mit brisantem Inhalt verloren: den Gehaltslisten der HSV-Profis. Ein ähnlicher Aufreger war die Schlammschlacht beim FC Bayern zwischen dem Ärzteteam und Trainer Pep Guardiola, worauf Vereinsarzt Müller-Wohlfahrt seinen Job nach fast vier Jahrzehnten hinschmiss. Für einen (bereits erwarteten) Paukenschlag sorgte der Bayern-Trainer zum Ende der Hinrunde, als er ankündigte, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen. Carlo Ancelotti wird den Spanier im Sommer beerben. Aber zuerst einmal kommt die wohlverdiente Winterpause. Und dann die Rückrunde.