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Und hinten hing ein Hund

30. Juni 2013

Der Schalker Friedel Rausch wird 1969 beim Derby gegen Borussia Dortmund von einem Schäferhund in den Po gebissen. Mit lädiertem Hinterteil spielt er weiter und bekommt sogar ein Schmerzensgeld vom BVB.

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Friedel Rausch am Boden liegend. (Foto: picture alliance/dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Das Revierderby zwischen dem FC Schalke 04 und Borussia Dortmund ist immer heiß umkämpft. Das war auch schon zu Beginn der Bundesliga-Geschichte so. Besonders rustikal geht es am 6. September 1969 zur Sache. Ein Datum, das Friedel Rausch nie vergessen wird. Der beinharte Verteidiger des FC Schalke ist vieles gewöhnt und hat sich auf einiges eingestellt, doch mit dem rüden Dortmunder "Foul von hinten" nach dem Schalker 1:0-Führungstreffer hat er nicht gerechnet.

Im ausverkauften Dortmunder Stadion "Rote Erde" brechen die Dämme, als Hansi Pirkner die "Königsblauen" in Führung schießt. Noch gibt es keine Zäune rund um das Spielfeld. Die Fans stürmen auf den Rasen, die Ordner können sie nicht in Zaum halten. Auch die angeleinten Wachhunde geraten in Aufregung. Und mitten im Trubel geschieht das Unfassbare, erinnerte sich Friedel Rausch später. Er habe plötzlich einen wahnsinnigen Schmerz verspürt. "Ich habe mitbekommen, dass bei mir am Hintern ein Hund dranhing. Er hatte sich losgerissen von dem Ordner und war dann in die Traube hereingesprungen und hat sich dann gerade meinen Allerwertesten gepackt."

Erst Tetanusspritze, dann weitergespielt

Der Schäferhundrüde Rex beißt beherzt zu und verpasst Friedel Rausch ein schmerzhaftes Andenken: Noch heute ziert seinen Po eine vier Zentimeter lange Narbe. Das Spiel jedoch geht weiter und auch Rausch ist bis zum Schlusspfiff dabei. "Es gab ja zu dieser Zeit keine Auswechslungen, also musste ich durchspielen. Ich habe dann ein Pflaster und in der Halbzeit eine Tetanusspritze bekommen gegen Entzündungen. Das war's, dann habe ich weitergespielt." Sein Schalke-Kollege Gerhard Neuser wird ebenfalls attackiert, bleibt nach einem Biss in den Oberschenkel aber direkt in der Kabine.

Mitarbeiter des Ordnungsdienstes stehen mit ihren Hunden an der Leine zusammen. (Foto: Hannes Hemann, dpa)
So friedlich, wie sie hier wirken, waren die Dortmunder Ordnerhunde beim Derby gegen Schalke nichtBild: picture-alliance/dpa

1:1 endet die denkwürdige Partie, die von Seiten des Deutschen Fußball-Bundes ein Nachspiel hat: Seitdem dürfen Hunde nur noch mit Maulkorb ins Stadion. Und auch Friedel Rausch, der nächtelang nicht auf dem Rücken schlafen kann, bekommt eine Entschädigung. "Ich habe ein Schmerzensgeld von 300 Mark von Dortmund bekommen. Das war damals viel."

Schalke kontert mit Löwen

Beim Rückspiel in Gelsenkirchen beweisen die Schalker Humor: Schalke-Boss Günter Siebert holt zahme Löwen aus einem nahegelegenen Tierpark und lässt sie angeleint mit den Ordnern auflaufen.

Rausch muss noch monatelang Spott und Häme über sich ergehen lassen: Auf der Straße bellen ihm die Menschen hinterher, auf dem Platz die Gegenspieler. Da steht er drüber. Ab diesem Zeitpunkt muss er bis zu seinem Tod 2017 die Geschichte immer und immer wieder erzählen. Auch im "Aktuellen Sportstudio". Da hat er jedoch die Lacher auf seiner Seite, denn er antwortet auf die Frage, was gewesen wäre, hätte der Schäferhund vorne zugebissen, wie aus der Pistole geschossen: "Dann hätte der Hund alle Zähne verloren."