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Uneinheitliche Front

Gerda Meuer9. Januar 2003

Seit Jahren debattiert die EU über eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Doch eine gemeinsame Linie gibt es bislang nicht. Das verdeutlicht die Diskussion um ein möglichen Irak-Krieg.

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Viele Staaten, viele Meinungen -<br>nicht nur in der Irak-FrageBild: AP

Die europäische Außenpolitik hat zwar ein Gesicht und einen Namen. Doch auch Chefdiplomat Javier Solana, konnte der EU in den letzten Jahren nicht zu mehr Geschlossenheit und Gemeinsamkeit in ihrem Handeln nach Außen verhelfen. Die Erfahrung zeigt: Immer wenn es kritisch wird, driften die politischen Vorstellungen Europäer auseinander. Und gerade dann, wenn nur Geschlossenheit tatsächlich Wirkung zeigen könnte - wie in der aktuellen Diskussion um die EU-Haltung zum drohenden Irak-Krieg.

Rücksichtnahme auf die USA

So hat sich Großbritannien, der traditionelle Bündnispartner der USA, in Sachen Irak sehr früh auf die Seite der Amerikaner geschlagen und einen militärischen Präventiv-Schlag gegen Bagdad nicht ausschließen wollen. Die Regierung in London war es auch, die bereits Ende August im dänischen Helsingör im Kreise der EU-Außenminister eine gemeinsame Resolution der Europäer gegen den Krieg verhinderte. Im Grundsatz einigte man sich in Helsingör nur auf die Unterstützung der UNO-Beschlüsse.

Deutschlands Vertreter Joschka Fischer hatte damals einen schweren Stand, weil er das weiter gehende kategorische "Nein" Berlins zu einem möglichen Militäreinsatz verteidigen musste. Zwar gab es nach den Worten Fischers in der Runde eine deutliche Mehrheit der Kriegsgegner. Doch im Prinzip sah es wohl so aus, dass jeder Staat aus nationalem Interesse Zurückhaltung übte, um es sich nicht mit der Großmacht USA zu verderben.

Zurückhaltung in Berlin

An dieser Einstellung der EU-Staaten hat sich seitdem grundsätzlich nicht viel verändert. Und selbst in Berlin ist man drei Monate nach der Bundestagswahl etwas verhaltener geworden. Daher zerbricht man sich im Kanzleramt jetzt die Köpfe darüber, wie Deutschland sich bei einer Abstimmung im UNO-Sicherheitsrat verhalten soll, ohne das Gesicht zu verlieren oder Bündnispartner zu brüskieren. Das ist umso wichtiger, wenn die Deutschen ab Februar den Vorsitz in diesem Gremium innehaben werden: Denn dann leiten die auch den Irak-Sanktions-Ausschuss.

Amtierender Vorsitzender im UNO-Rat ist Frankreich. Da sich die Regierungen in Paris und Berlin in den letzten Monaten wieder angenähert haben, rechneten Beobachter schon mit einer kleinen Koalition gegen die Briten und Amerikaner. Allerdings hat sich Präsident Jacques Chirac bislang deutlich diplomatischer im Umgang mit den USA verhalten als Gerhard Schröder. Aus Paris kam niemals ein "Mit uns nicht".

Krieg nur, wenn man alles versucht hat

Auch wenn Frankreichs Premier Jean-Pierre Raffarin noch vor Weihnachten meinte: "Krieg ist, was einem bleibt, wenn man alles versucht hat." So sind sich denn Berlin und Paris höchstens näher als Berlin und London oder Paris und London. Dennoch: eine klare gemeinsame Strategie in der Irak-Politik ist auch zwischen Deutschland und Frankreich nicht auszumachen.

Der britische Außenminister Jack Straw schätzt, dass die Positionen in der EU zurzeit 60 zu 40 gegen einen Krieg stehen. Aber, so sagte Straw einer Zeitung auch, die Stimmungslage ändere sich von Tag zu Tag. Doch vor dem Hintergrund der dauerhaften französisch-britischen Differenzen ist EU-weit ohnehin keine Einigkeit denkbar.

Interessanter Vorschlag

Der Konvent zur Zukunft der Europäischen Union hat in dieser Hinsicht interessante Vorschläge gemacht: Um die gemeinsame Außenpolitik zu stärken, damit sie mehr ist als das Gesicht von Javier Solana, soll die EU künftig in internationalen Organisationen nur noch mit einem Sitz vertreten sein.

Aber niemand glaubt, dass sich der Konvent mit diesem Vorschlag durchsetzen wird. Denn weder Frankreich noch Großbritannien wollen als einzige ständige EU-Mitglieder des UNO-Sicherheitsrats ihren Einfluss in dem Gremium an die Europäische Union abgeben. Doch erst dann hätte die EU eine echte Chance, außenpolitisch "erwachsen" zu werden.