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Unerwarteter Geldsegen - Die Steuerschätzer rechnen mit mehr Einnahmen

4. November 2010

Der Wirtschaftsaufschwung lässt die Steuerkassen von Bund, Ländern und Kommunen klingeln. Bis 2012 werden sie nach der neuen Steuerschätzung voraussichtlich 61 Milliarden Euro mehr Steuern einnehmen als bisher erwartet.

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Ein großer Stapel Euroscheine (Foto: dpa)
60 Milliarden Euro mehr als erwartetBild: picture-alliance/dpa

Jeweils im Frühjahr und im Herbst berechnen Experten aus Bund, Ländern, Kommunen, Wirtschaftsinstituten, der Bundesbank und dem Statistischen Bundesamt, wie sich die Einnahmen in den kommenden Jahren entwickeln könnten. Das Ergebnis der jüngsten Schätzung überrascht im positiven Sinn. Bund, Länder und Gemeinden werden bis 2012 rund 61 Milliarden Euro mehr an Steuern einnehmen, als noch im Mai dieses Jahres geschätzt.

Der Löwenanteil geht dabei auf die besseren Geschäftsaussichten der heimischen Wirtschaft zurück. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble sieht darin eine Bestätigung des finanzpolitischen Kurses der Bundesregierung. "Wir sind auf einem richtigen Weg", sagte Schäuble. "Deutschland ist im Jahr 2010 und auch im Jahr 2011 in Europa Wachstumslokomotive. Das zeigt, dass wir noch stärker mit einer wachstumsorientierten Politik unsere Verantwortung nicht nur für unser eigenes Land, sondern auch für Europa und für die Weltwirtschaft wahrnehmen."

Weiter sparen

Finanzminister Schäuble (dpa)
Will weiter sparen - Finanzminister SchäubleBild: AP

Wir sind auf dem richtigen Weg - das heißt für Schäuble aber auch: Wir werden von diesem Weg nicht abweichen. Und so denkt der Finanzminister gar nicht daran, die für 2011 und die Jahre danach anvisierten Sparziele aus den Augen zu lassen. Immerhin hat sich der staatliche Schuldenberg bereits auf mehr als 1,7 Billionen Euro summiert, und noch kommen jedes Jahr neue Schulden hinzu. Daran werden auch die Steuermehreinnahmen nichts ändern. Haushaltskonsolidierung sei das Gebot der Stunde, sagte Schäuble.

Eine Forderung, bei der er von Bundeskanzlerin Angela Merkel unterstützt wird. Die sagte nach der Steuerschätzung, es sei eine "massive Aufgabe, die Schuldenbremse einzuhalten". Merkel gab sich überzeugt, dass dieses Ziel zu erreichen sei, fügte jedoch hinzu: "Die Aufgaben werden große Aufgaben bleiben."

In der Regierungskoalition gibt es nicht wenige Stimmen, die zumindest einen Teil der Mehreinnahmen über Steuersenkungen spätestens ab dem Jahr 2012 an die Bürger und auch die Wirtschaft weitergeben wollen. Schließlich hatten das CDU/CSU und FDP zu Beginn ihrer Regierungszeit so versprochen, dann aber angesichts der Haushaltslage auf spätere Jahre verschoben.

Weniger als vor der Krise

Bundeskanzlerin Angela Merkel stützt den Kopf auf die Hände (Foto: AP)
"Große Aufgaben" - Kanzlerin MerkelBild: AP

Doch der Finanzminister lässt nicht mit sich handeln. 60 Milliarden Euro Mehreinnahmen, das höre sich gewaltig an, aber diese Summe beziehe sich zum einen auf den Zeitraum von drei Jahren, zum anderen würden die absoluten Steuereinnahmen in diesem und im kommenden Jahr immer noch weit unter dem Niveau von 2008 liegen.

Tatsächlich gehen die Steuerschätzer davon aus, dass der Staat in diesem Jahr insgesamt 526 Milliarden Euro einnehmen wird. Bis 2012 soll sich die Summe auf 563 Milliarden erhöhen. Doch das wäre nur wenig mehr als im Jahr 2008.

Schäuble sagte, es sei schon viel erreicht, wenn die Steuereinahmen im Jahr 2013, vielleicht auch schon 2012, das Niveau vor der Krise erreichten.

Schuldenbremse per Gesetz

Der Finanzminister muss die Euphorie bremsen, denn die strenge Schuldenbremse im Grundgesetz verpflichtet ihn, das Defizit im Bundeshaushalt in gleichmäßigen Schritten bis 2016 auf etwa zehn Milliarden Euro zu senken. Dann soll der Bund immer nur so viel mehr ausgeben können, wie das normale Wirtschaftswachstum dauerhaft zusätzlich hergibt.

Angesichts der jüngsten Steuerschätzung muss sich Schäuble sogar vom Bundesrechnungshof und einigen Oppositionspolitikern vorrechnen lassen, er könne 2011 bereits viel mehr einsparen, als bislang geplant. Wie sagte die Kanzlerin so schön: Die Aufgaben werden große Aufgaben bleiben.

Autorin: Sabine Kinkartz
Redaktion: Andreas Becker / Martin Schrader