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Ungarische Minderheiten in Ungarns Nachbarstaaten

15. Januar 2004

- Assimilierung, Abwanderung und sinkende Geburtenzahlen Hauptgründe für Rückgang

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Budapest, 15.1.2004, PESTER LLOYD, deutsch

Während man nach der neuen Grenzziehung 1920 noch über 3,5 Millionen ethnische Ungarn in diesen Ländern zählte, beträgt ihre Zahl heute eine Million weniger.

Laut einer Übersicht der Népszabadság bekannten sich bei der Volkszählung 2002 in Rumänien 1.430.000 Personen als ethnische Ungarn mit ungarischer Muttersprache. Diese Zahl lag im vergangenen Jahrzehnt noch um 200.000 höher. Seit den 70er Jahren wanderten immer mehr Ungarn aufgrund der wirtschaftlichen und politischen Verhältnisse entweder ins Mutterland oder in den Westen ab. Nach einem Pogrom gegen die Ungarn in der Wendezeit, 1990 in Marosvásárhely/Tirgu Mures, folgte eine neue Auswanderungswelle und auch heute noch werden viele Wirtschaftsemigranten verzeichnet.

Nur wenige Kinder aus Mischehen wachsen als Ungarn auf. Darüber hinaus schrumpft die Volksgruppe auch aus demographischen Gründen: die Kinderzahl nimmt zwar auch beim Mehrheitsvolk ab, doch ist diese Tendenz bei den Ungarn stärker ausgeprägt.

Die Zahl der Slowakei-Ungarn, einst rund eine Million und auch nach dem Zweiten Weltkrieg trotz der Zwangsaussiedlungen auf 700.000 geschätzt, liegt heute nur noch bei einer halben Million. Während Kinder ungarischer Eltern überwiegend ungarischsprachige Schulen besuchen, gehen 80 Prozent der Kinder aus den Mischehen in slowakische Schulen. In den letzten Jahren starben 30 Prozent mehr Ungarn in der Slowakei, als dort geboren wurden.

Der Rückgang der Minderheit zeigt sich auch darin, dass sich immer mehr Bürger ohne ihre ethnische Zugehörigkeit deklarieren. Es handelt sich dabei meist um Bewohner des teils geschlossenen Siedlungsgebiets der Ungarn im Süden des Landes entlang der Donau, die ihre ungarische Identität mittlerweile verloren, die slowakische aber noch nicht angenommen haben. Ein weiterer Faktor ist auch die administrative Neuaufteilung des Landes, die verhindert, dass großteils von Ungarn bewohnte Städte und Regionen von Vertretern der Minderheit verwaltet werden.

Durch den Krieg nahm ebenfalls die Zahl der ungarischen Bevölkerung in der serbischen Vojvodina bedeutend ab. 1991 zählte man dort noch fast 340.000 Ungarn, während ihre Zahl heute unter 300.000 gesunken ist. Den Demographen zufolge hat dieser Trend zu bedeuten, dass sich die Zahl der Minderheitenungarn in den nächsten 25 Jahren halbieren wird. Eine eher unbedeutende Zahl von Ungarn gibt es auch in zwei anderen südslawischen Nachfolgestaaten: 16.000 Minderheitenungarn leben in Kroatien, 15.000 in Slowenien.

Die Karpatho-Ukraine ist die einzige Region, in der die Zahl der ungarischen Bevölkerung nicht drastisch gesunken ist. Ihre Zahl ging im vergangenen Jahrzehnt nur um 3,6 Prozent zurück und beträgt heute rund 152.000. Abwanderung gibt es zwar auch aus dieser besonders armen Region, jedoch spielt die Assimilierung hier eine geringere Rolle als andernorts.(fp)