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Ungarische Oppositionspartei Fidesz vor Reformen

22. April 2003

– Parteitag für Mai geplant

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Budapest, 22.4.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Dénes Vajta

Viktor Orbán hat vergangene Woche Pál Schmitt, den Vorsitzenden des Ungarischen Olympischen Komitees, gebeten, stellvertretender Vorsitzender des Fidesz (Bund Junger Demokraten – MD) zu werden. Neben ihm soll es mit Zoltán Pokorny lediglich einen weiteren Stellvertreter geben. "Wir wollen mehr als eine Partei werden, wir wollen ein Bündnis werden", kündigte József Szájer vergangene Woche an. Szájer und andere bestimmende Politiker des Fidesz halten es für sicher, dass der Name der Partei nach dem Parteitag im Mai in "Fidesz - Ungarisches Bürgerliches Bündnis" umgewandelt wird.

Beobachtern zufolge werden dadurch die Voraussetzungen für Viktor Orbáns Absicht umgesetzt, eine rechte Parteienunion zustande zu bringen. Nach den letzten Parlamentswahlen wollte Orbán alle rechten Parteien in eine Union integrieren. Dieser Plan scheiterte jedoch vor allem am Widerstand des Demokratischen Forums (MDF). Orbán, der mehr als "bloße Parteipolitik" betreiben wollte, äußerte bereits seine Zustimmung zum neuen Parteinamen. Der Fidesz wird im juristischen Sinn zwar eine Partei bleiben, in seiner politischen Ausrichtung wird er jedoch versuchen, ein Forum für verschiedene zivile Organisationen zu bilden, vor allem für die so genannten "bürgerlichen Kreise" und Menschen, die von den kleinen rechten Parteien enttäuscht sind.

MDF-Mitglieder aus dem Komitat Csongrád äußerten bereits ihre Absicht, dem neuen Fidesz beizutreten. Sie waren darüber verärgert, dass ihre Partei Nutzen daraus gezogen hatte, dass der Fidesz die Wahl des Fernsehkuratoriums boykottiert hatte. Einen noch größeren Brocken kann der Fidesz mit den herrenlos gewordenen Kleinbauern schlucken. Orbán wartete, bis die offensichtliche Uneinigkeit der verschiedenen Kleinbauern-Parteien für die zerspaltende Gefolgschaft unerträglich wurde. Die sich jetzt formierende Volkspartei sei die letzte Chance, so Orbán, dass die von den Kleinbauern vertretene Welt würdig repräsentiert werde.

Der designierte Parteivorsitzende Pál Schmitt, im vergangenen Oktober Kandidat des Fidesz für den Posten des Oberbürgermeisters in Budapest, wird von vielen für fähig gehalten, die bürgerlichen Kreise in den Fidesz zu integrieren.

Der Politologe József Debreczeni, früherer Sympathisant und Verfasser eines Erfolgsbuchs über Viktor Orbán, meint, dass der Umbau des Fidesz eine außerordentliche Zentralisierung und unkontrollierbare Macht des Parteivorsitzenden bedeute. Jeder werde von Orbán und seiner engsten Umgebung abhängen. Es sei grotesk, dass der Fidesz diesen Vorgang Dezentralisation nenne. "Dies führt früher oder später zum Niedergang", schreibt Debreczeni. Pokorny und Schmitt seien nur Aushängeschilder des Fidesz, die Macht bleibe beim Triumvirat aus Viktor Orbán, László Kövér und János Áder. Die "aggressive Aneignung des rechten Lagers" bringe laut Debreczeni das MDF in eine heikle Lage, weil zwei Mitte-Rechts-Parteien auf der politischen Bühne Ungarns keinen Platz hätten. Eine wahre Zentrumspartei müsse sich nach beiden Seiten öffnen können. "Eine Öffnung nach links tragen aber die Mitglieder des MDF nicht mit", stellte Debreczeni fest. (fp)