1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Ungarischer Generalstaatsanwalt im Kreuzfeuer der Kritik

28. April 2003
https://p.dw.com/p/3ZgS

Budapest, 28.4.2003, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Dénes Vajta

Die Regierungsparteien üben heftige Kritik an der Amtsführung des Generalstaatsanwalts Péter Polt. Sie hatten während der vergangenen elf Monate fünf Anfragen an ihn gerichtet - jedes Mal wiesen sie seine Antwort als unbefriedigend zurück. Ein deswegen eingesetzter parlamentarischer Untersuchungsausschuss brachte keine Klarheit. Der Fidesz (Bund Junger Demokraten – MD) bezeichnet das Vorgehen der Regierung als unzulässige Belästigung des unter Orbán im Frühling 2002 eingesetzten Staatsanwalts.

Seit Beginn der Medgyessy-Amtszeit gab es 161 parlamentarische Anfragen. Nur in fünf Fällen wurde die Antwort zurückgewiesen - alle galten Péter Polt. Die erste Anfrage erfolgte bereits zwei Wochen nach Amtsantritt der Medgyessy-Regierung. Staatssekretär László Keller fragte Polt, warum dieser gegen die gesetzeswidrigen Verträge zwischen dem Kanzleramt und der Happy End Kft. kein Nichtigkeitsverfahren eingeleitet habe. Der Abgeordnete Péter Gusztos von der SZDSZ (Bund Freier Demokraten – MD) wollte später wissen, wer Kaya Ibrahim und Josip Tot waren - zwei Personen, die in eine Affäre um Fidesz-Phantomfirmen verwickelt waren.

Die allgemeine Unzufriedenheit mit der Person Polts zeigt die Anfrage des MSZP (Ungarische Sozialistische Partei – MD)-Abgeordneten Károly Tóth, der vergangene Woche sagte: "Viele von uns glaubten nach den Wahlen von 2002, dass Sie mit Ihrer Amtsführung vor dem Mai 2002 brechen werden. Wir haben gehofft, dass Sie mit voller Intensität alle Affären, Missbräuche und strafbaren Handlungen aufklären werden, die führende Fidesz-Politiker begangen haben." Polts Antwort lautete, wie immer, dass die Generalstaatsanwaltschaft ihre Aufgaben fachlich kompetent und schnell erledigt habe.

Der Regierungsvorstoß gegen Polt versandete im Untersuchungsausschuss. "Polt wurde von den sozialistischen Ausschussmitgliedern unzulässig belästigt", klagte der stellvertretende Vorsitzende des Ausschusses, György Répássy (Fidesz). Der Ausschuss müsse laut Hausordnung einen Bericht verfertigen, auf Grund dessen das Parlament die Antworten Polts auf die Anfragen nachträglich für akzeptabel bezeichne oder nicht annehmen könne. In diesem Fall bittet das Parlament den Ausschuss um weitere Maßnahmen. Der sozialistische Vorsitzende des Ausschusses, Pál Vastagh, teilte Journalisten mit, dass der Ausschuss sehr viel zu tun habe und deshalb noch keine Resultate zeigen könne.

Répássy zufolge seien die Anfragen gegen Polt eindeutig politisch motiviert. Die Tatsache, dass man den Generalstaatsanwalt zu Vorgängen befragen könne, bedeute nicht, dass dieser in jeder Affäre zur Verantwortung gezogen werden könne. Diese Anfragemöglichkeit sei im übrigen nur aus purer Schlamperei in der Verfassung verblieben, moniert Répássy. Das Parlament sollte dieses Instrument nicht benutzen. Vastagh zufolge sei jedoch die Anfragemöglichkeit an den Generalstaatsanwalt nur im Rahmen einer umfassenden Verfassungsänderung zu modifizieren. Péter Polt äußerte sich nicht zum Streit um seine Person. Er berief sich auf seine vielfältigen Aufgaben, die ihm keine Zeit ließen, sich dazu zu äußern, was er über die gegen ihn initiierten Aktionen denke. (fp)