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Ungarischer Weinexport in der Krise

1. Juli 2002

– Russischer Markt wegen hoher Importzölle auf Wein und Sekt weitgehend weggebrochen

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Budapest, 28.6.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Zsuzsanna Kartali

Der über gute Traditionen verfügende ungarische Weinexport befindet sich in einer tiefen Krise. Wurden 1995 noch fast 1,3 Millionen Hektoliter Wein ausgeführt, so waren es im Vorjahr nur noch knapp 700.000 Hektoliter. Die Gründe für den Absturz sind sowohl in der eigenen Produktion und im Marketing, als auch in der Lage auf dem internationalen Weinmarkt zu finden.

Für fast 28 Millionen Dollar hat Russland noch 1995 ungarischen Wein gekauft, im Jahre 2001 nur noch für ganze 1,6 Millionen Dollar. Die russische Finanzkrise Ende der 90er Jahre war für den ungarischen Weinbausektor ein schwerer Aderlass. Dabei importiert Russland nach wie vor jährlich für knapp 600 Millionen Dollar Wein aus aller Welt.

Die Schwierigkeit für die ungarischen Weinexporteure liegt darin, dass Russland so hohe Zölle für den Import von Wein und Sekt erhebt, dass nur die westlichen Weinhändler in der Lage sind, noch auf diesen Markt zu exportieren. "Diese werden aber vom Staat wesentlich stärker gefördert als wir und haben uns praktisch vom Markt verdrängt", klagt Balázs Herpay, geschäftsführender Direktor des Landesverbands der Winzer und Weinproduzenten. Einen Ausweg sieht er nur in der Liberalisierung des ungarisch-russischen Außenhandels und in Finanzhilfen durch die ungarische Regierung.

Hauptmärkte für den ungarischen Weinexport sind daher gegenwärtig Deutschland und Großbritannien. Aber auch in diesen Ländern ist ein Überangebot auf dem Markt, vor allem durch die in den letzten Jahren explosionsartig auf den europäischen Markt vorgedrungenen Weinexporteure aus Übersee – etwa aus Australien, Südafrika, Chile und Neuseeland. Der ungarische Wein kann nur schwer mit diesen in gewaltigen Mengen, mit moderner Technologie und in gleichbleibend guter Qualität hergestellten Weinen konkurrieren.

Obwohl viele Winzer in Ungarn ausgezeichnete Weine herstellen, können sich nur diejenigen auf dem europäischen Markt halten, die die Qualität durch entsprechende Technologie garantieren und auch immer die gewünschten Mengen liefern können. "Außerdem ist ein gut abgestimmtes Marketingkonzept nötig, denn unsere Weine sind auf den verschiedenen Märkten nicht richtig positioniert", bedauert Gedeon Toth vom ungarischen Agrarmarketing Zentrum (AMC) auf Anfrage der BZ. "Wir müssen vorher entscheiden, welcher Produktsektor in welcher Form gefördert werden sollte, dazu sind aber ernsthafte ausländische Marktanalysen notwendig. Das niedrige Preisniveau ungarischer Weine ist dabei eher ein Nachteil, denn dieses Marktsegment ist überall gesättigt."

Ein Klotz am Bein ist den ungarischen Winzern auch, dass der Wein seit zwei Jahren zu den Akziseprodukten gehört. Das Gesetz war damals mit dem Ziel geschaffen worden, die Weinpanscherei und -fälscherei zurückzudrängen. Herausgekommen sind aber nur administrative Mehrkosten für die ehrlichen Winzer. Die neue Regierung stellt deshalb bereits Überlegungen an, wie eine Gesetzesänderung die Wirkung der Kontrollmaßnahmen verbessern, die Winzer aber von einem unnötigen Joch befreien könnte. (fp)