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Von Brüssel nach Budapest

1. Januar 2011

Überschattet von der Debatte um sein umstrittenes Mediengesetz hat Ungarn die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Im Mittelpunkt dürfte weiter die Euro-Krise stehen - wie schon bei der Ratspräsidentschaft Belgiens.

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Symbolbild Ratspräsidentschaft Ungarns
Bild: DW/EU

Die Belgier haben ihre Ratspräsidentschaft ohne neue Regierung begonnen – und auch beendet. Wegen der tiefen Zerrissenheit zwischen Flamen und Wallonen konnte seit der Wahl im Juni keine neue Regierung gebildet werden, so dass die alte einfach geschäftsführend im Amt blieb.

Noch viel zu tun

Steven Vanackere (Foto: dpa)
Belgischer Außenminister Vanackere: trotz Dauer- Regierungskrise viel erreichtBild: picture alliance/dpa

Doch die hat ihre Aufgabe still und professionell erledigt. Auch ihrer Vermittlung ist es zu verdanken, dass die Grundlagen für eine strengere Finanzaufsicht und einen dauerhaften Rettungsmechanismus gelegt wurden. Außerdem nahm der Europäische Auswärtige Dienst offiziell seine Arbeit auf, auch wenn er erst im Embryonalstatus ist. Belgiens Außenminister Steven Vanackere sah aber auf beiden Feldern noch "große Schwächen". Die Wirtschaftsregierung, also die möglichst enge Verzahnung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Euro-Länder, und der Auswärtige Dienst seien für die Entwicklung der EU sehr wichtig. "Die Frage, inwieweit Europa bei den Schwächen etwas verbessert, ist entscheidend für die Zukunft der Union und ihre Mitgliedsstaaten."

Ungarische Entfremdung

Sein ungarischer Amtskollege Janos Martonyi gibt sich ähnlich bescheiden, wie es die Belgier getan haben. Das ungarische Arbeitsprogramm sieht er weitgehend von der Euro-Krise diktiert. "Nichts ist jetzt so wichtig, wie die Märkte zu beruhigen und die Krise hinter uns zu lassen." Ungarn selbst gehört nicht zur Euro-Zone und hat große eigene Haushalts- und Wirtschaftsprobleme. Enikö Györi, die ungarische Staatssekretärin für Europafragen, sieht sogar eine Entfremdung ihrer Landsleute von der EU. Meinungsfragen zeigten, "die Menschen in Ungarn haben seit dem Beitritt ihre Begeisterung für die EU verloren." Sie will den Ungarn die EU näherbringen: "Sie sollen spüren, dass sie etwas mit der Ratspräsidentschaft zu tun haben."

Gleichzeitig gehen allerdings viele in der Europäischen Union auf Distanz zu Ungarn. Hintergrund ist ein kürzlich verabschiedetes Mediengesetz, das zum 1. Januar in Kraft getreten ist und massive Einschränkungen der Pressefreiheit vorsieht. So sagte der Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament, Martin Schulz, Ungarn sei der EU-Ratspräsidentschaft nicht würdig. Sein Amtskollege Guy Verhofstadt, der Vorsitzende der Liberalen, bezeichnete das neue Gesetz als "nicht hinnehmbar".

"Es geht um Identität"

Janos Martonyi (Foto: AP)
Ungarischer Außenminister Martonyi: Vor allem die Märkte beruhigenBild: AP

Die ungarische Regierung ignoriert diese Kritik. Dass viele ihrer ursprünglichen Projekte ein wenig zurückstehen müssten, erklärt sie mit der Euro-Krise: Energiesicherheit, Ost-Partnerschaft, die Annäherung des Balkans etwa. Doch Außenminister Martonyi schiebt vor allem EIN Projekt nach vorn, auf das seine Regierung keinesfalls verzichten will, einen Entwicklungsplan für das gesamte Einzugsgebiet der Donau. "Die Donau-Strategie ist sehr komplex: Sie umfasst Umweltschutz-, Verkehrs- und Tourismusfragen. Aber es geht auch um Kultur, um Identität, um die Identität Mitteleuropas, ja von Europa insgesamt." Überhaupt ist bei den Ungarn viel von Geschichte und Identität zu hören, von mitteleuropäischer Identität. Sein Land und eine ganze Region seien vom Rand Europas in die Mitte gerückt, betont Martonyi. Die Ungarn verspüren einen Auftrag, das dem Rest Europas zu zeigen.

Autor: Christoph Hasselbach
Redaktion: Gero Rueter