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Ungarn bereitet Änderungen an Gesetzen zur Bekämpfung der Korruption vor

13. Dezember 2002

– Alle Wirtschaftsbereiche betroffen

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Budapest, 9.12.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Dénes Vajta

Justizminister Péter Bárándy hat sich überzeugt gezeigt, dass das schrittweise Vorgehen gegen die Korruption viel wirkungsvoller sei als ein Frontalangriff. Árpád Kovács, Präsident des Rechnungshofs, und Staatssekretär László Keller betonten die Wichtigkeit der Transparenz und Berechenbarkeit auf der Veranstaltung, zu der die Wissenschaftliche Gesellschaft für Organisation und Führung (SZVT) eingeladen hatte.

Deswegen plant die Regierung eine Reihe von Gesetzesänderungen, auch als Programm der gläsernen Taschen bekannt, die jedes Gebiet der Wirtschaft berühren werden. Sie seien darauf ausgerichtet, die Korruptionsmöglichkeiten durch mehr Öffentlichkeit und Kontrolle einzuschränken. Deswegen werde auch der Rechnungshof verstärkte Kontrollrechte bekommen, so der Minister. Die Leiter der großen staatlichen Unternehmen werden jährlich eine Vermögenserklärung leisten müssen.

Der Begriff des Geschäftsgeheimnisses werde auch neu geregelt. Zukünftig müsse der Betroffene beweisen, dass die Bekanntmachung von Daten seine "legitimen finanziellen und wirtschaftlichen Interessen verletzt". Besonders streng werde das Gesetz hinsichtlich öffentlichen Vermögens. Daten zur Verwendung öffentlicher Gelder können nur ausnahmsweise zum Geschäftsgeheimnis erklärt werden. Geschäftspartner von staatlichen Firmen, Kommunen oder Organisationen, die vom Budget der öffentlichen Hand profitieren, müssen jede Information von allgemeinem Interesse bekannt geben.

Diese Gesetzesvorschläge werden, etwas später als geplant, noch in den folgenden zwei Wochen dem Parlament vorgelegt werden.

Manche Regelungen, zum Beispiel die Ausweitung des Kontrollrechts des Rechnungshofs auf Privatfirmen bei Verwendung von öffentlichen Geldern, bedürfen einer Zweidrittelmehrheit, also der Unterstützung der Opposition.

Neuen Statistiken zufolge sinkt die Zahl der Korruptionsfälle in Ungarn. Wenn die Gesetzesvorschläge der Regierungsparteien, von denen manche einer Zweidrittelmehrheit bedürfen, vom Parlament angenommen werden, könnte Ungarn auf der internationalen Korruptionsliste einige Plätze gutmachen. Justizminister Bárándy zufolge sei die Behandlung des Problems der Korruption bisher falsch gewesen, weil sie einseitig kriminalisieren würde. Sie sei aber auch Teil der Kultur eines Landes.

Rechnungshofpräsident Árpád Kovács zufolge sei der Ruf Ungarns als korruptes Land ungerechtfertigt. "Wir stehen bei internationalen Untersuchungen etwa auf Platz 30. Wir sind nicht korrupter als ein durchschnittliches EU-Land." Ungarn schade sich selbst, wenn sich das Land als korrupt bezeichne. "Das von uns beschimpfte Parteienfinanzierungsgesetz wurde von europäischen Experten für vorbildlich erklärt", so Árpád Kovács.

Mit dem Abschluss der Privatisierung gehen auch die Korruptionsfälle zurück. Es müsse aber auch die Nonprofit-Sphäre, die Rolle der Stiftungen durchleuchtet werden, die bereits einen Umsatz von 160 Milliarden Forint jährlich haben. Die Rolle der Lobbys müsse akzeptiert, aber näher geregelt werden, sagte der Rechnungshofpräsident.

Staatssekretär László Keller erinnerte an die EU-Fördermittel, die nach dem Beitritt Ungarn zustehen und besonders umsichtig behandelt werden müssen. Das dem Ministerpräsidialamt zugeordnete Koordinationsbüro gegen Betrug werde die Projekte überprüfen. Es werde auch eng mit den EU-Betrugsfahndern (UNCLAF) zusammenarbeiten. Auch die Unabhängigkeit der Korruptionsbekämpfer müsse gewährleistet werden. "Die Maßnahmen gegen die Geldwäsche sind erfolgreich gewesen, aber die wachsende internationale Wirtschaftskriminalität darf nicht unterschätzt werden", schloss Keller. (fp)