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Ungarn: Entwicklungsbank vor der Pleite

18. September 2002

- Die Wirtschaftsaffären des Fidesz

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Budapest, 16.9.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, Dénes Vajta

Viele sahen es als positives Signal der neuen Zeit, als die jungen Demokraten nach der Wende die Universitätsbänke mit denen des Parlaments tauschten und dort unerschrocken für die Reinheit des politischen Lebens eintraten. Inzwischen hat ihre reine Weste nach Ansicht linker Kritiker viele Flecken bekommen. Besonders die Instrumentalisierung der Ungarischen Entwicklungsbank MFB durch den Fidesz (Bund Junger Demokraten - MD) wird erst jetzt, Monate nach der verlorenen Wahl, im Detail bekannt.

Den Fidesz-Jungdemokraten boten sich in den vergangenen vier Regierungsjahren zahlreiche Möglichkeiten, um parteinahe Firmen mit satten Aufträgen zu versehen, die bekanntesten sind Aufträge des Landesimagezentrums an die Firmen Ezüsthajó und Happy End Kft. Sowohl diese als auch ihre Partnerfirmen waren durch komplizierte Besitzverhältnisse geprägt, an deren Ende Fidesz-Freunde saßen, die die Landesimagezentrale mit überhöhten Rechnungen zur Kasse baten. Während die Presse nur über diese Firmen nähere Kenntnisse erlangen konnte, blieb wegen des Bankgeheimnisses das Ausmaß der Rolle fast unbekannt, die die wahre Goldgrube von Fidesz-nahen Firmen, die Ungarische Entwicklungsbank MFB, bis zum Regierungswechsel spielte.

Die Leitlinie der MFB ist es, auch solchen Firmen Kredite zu geben, die von einer anderen Bank schwer oder keinen Kredit bekämen, aber eine wirtschaftlich wichtige Tätigkeit ausüben. Diese Möglichkeit wurde ausgiebig benutzt, um Fidesz-nahen Firmen auf die Beine zu helfen. György Zdeborszky, der renommierte neue Chef der MFB, schätzt die Verluste der Bank auf ungefähr 150 Milliarden Forint (ca. 616,9 Millionen Euro - MD). Seiner Meinung nach hätte die Bank in den letzten vier Jahren nur skandalöse Geschäfte gemacht. Alle Kredite, Investitionen oder Geschäfte der Bank waren politisch beeinflusst.

Zdeborszky zufolge könne man diese Übereinkünfte nicht wirklich Geschäfte nennen, weil hier immer nur eine Vertragspartei gewann - und das war nie die Bank. Sein Vorgänger, László Baranyay, leugnete zwar in der Öffentlichkeit die politische Einflussnahme, ihm, Zdeborszky, gegenüber hätte er diese jedoch zugegeben.

Zu den erwähnten Verlusten komme noch zweifellos der für den Autobahnbau gewährte Kredit von 180 Milliarden Forint (ca. 740,1 Millionen Euro - MD), so Zdeborszky. Den Auftrag für den Autobahnbau hatte die dem Fidesz nahe stehende Vegyépszer Rt. erhalten, die keine Erfahrungen in diesem Metier besaß und vor dem Erhalt des Auftrags fast bankrott war. Da der Kredit von der MFB garantiert wurde und die Firma keine Einnahmen hat, werden die Kreditgeber die Garantie sicher einlösen. Da hinter der MFB der Staat steht und somit die Steuerzahler, werden letztlich diese für die Geschäfte des Fidesz bezahlen müssen. (fp)