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Ungarn: Höhere Löhne im öffentlichen Dienst

11. September 2002

- Mehr Geld auch für Sonntagsarbeit

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Budapest, 9.9.2002, BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch,

Bettina Nemes

Zum 1. September hat die Regierung die Löhne für Angestellte im öffentlichen Dienst um die Hälfte angehoben. Auch das Arbeitsgesetzbuch wurde unter anderem dahingehend novelliert, dass für Sonntagsarbeit von nun an 50-prozentige Zuschläge bezahlt werden müssen.

Die Löhne der Pädagogen sind mit dem Schulanfang in diesem Jahr um 50 Prozent angehoben worden. Aber auch die Bediensteten im Gesundheitswesen, Sozialwesen, in Forschung und Kultur haben seit Anfang September durchschnittlich 50 Prozent mehr Lohn auf ihrem Konto. Die Maßnahme erstreckt sich auf das Grundgehalt und die Zuschüsse. Eigentlich hatte die Regierung ab September nur die Löhne der Lehrer anheben wollen, die anderen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes sollten ab dem 1. Oktober mehr Geld bekommen.

Einen Schönheitsfehler haben diese Maßnahmen jedoch: Den Mitarbeitern der Kommunalverwaltungen kann die Lohnerhöhung nicht hundertprozentig garantiert werden, denn die Kassen der Gemeinden sind ziemlich klamm. Die Regierung will zwar die entsprechenden Summen an die örtlichen Gremien überweisen, diesen obliegt es dann, wie viel sie über das obligatorische Minimum auszahlen. Somit ist es auch nicht sicher, ob ein Lehrer, der früher schon ein höheres Gehalt als seine Kollegen erhalten hat, nach dem 1. September tatsächlich 50 Prozent mehr in seiner Lohntüte hat. Die Institutionen können diese Gelder zum Beispiel für andere Mitarbeiter umgruppieren.

Die Maßnahme kostet im übrigen den Staatshaushalt in diesem Jahr 92 Milliarden Forint (ca. 379,4 Millionen Euro - MD). In Form von Beiträgen und Einkommensteuer fließen jedoch dem Staatshaushalt 53 Milliarden Forint (ca. 218,3 Millionen Euro - MD) davon wieder zu. Weiterhin hat die Regierung beschlossen, dass mit Wirkung vom 1. Oktober die staatlichen Mindestgehälter in Höhe von 50.000 Forint (ca. 205,9 Euro - MD) einkommensteuerfrei sind. Gleichzeitig werden dennoch verschiedene Beiträge abgezogen, somit erhalten Arbeitnehmer mit Mindestlohn netto 43.750 Forint (ca. 180,2 Euro - MD).

Die Regierung hat auch mit Wirkung vom 1. September das Arbeitsgesetzbuch novelliert. Auf Arbeitgeber kommen danach einige Mehrbelastungen zu. Zu den Veränderungen des Arbeitsgesetzbuches gehört unter anderem, dass Unternehmen von nun an für Arbeit am Sonntag fünfzigprozentige Zuschüsse bezahlen müssen. In den Bereichen, in denen die Kontinuität des Betriebs jedoch auch Arbeit am Sonntag erfordert, müssen diese Zuschüsse nicht bezahlt werden. Befreit sind demnach Verkehrs- und Gesundheitswesen, Hotellerie und Gastronomie und Energieerzeuger. In erster Linie betroffen ist der Handel.

Das novellierte Arbeitsgesetzbuch garantiert auch den Gewerkschaften mehr Rechte. So muss die betroffene Arbeitnehmervertretung beispielsweise bei geplanten größeren Entlassungen vom Arbeitgeber informiert und ihre Meinung eingeholt werden. Eine Entscheidung kann erst dann gefällt werden, wenn die Gewerkschaft innerhalb von 15 Tagen reagiert hat.

Der Landesverband der Arbeitgeber und Industriellen, die größte Vereinigung der Arbeitgeber Ungarns, meint, dass die Novellierungen des Arbeitsgesetzbuches nicht im Einklang mit den von der Regierung früher verkündeten Plänen zur Belebung der Wirtschaft stehen. Sie würden keinesfalls der Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen dienen, sondern diese eher ausbremsen. (fp)