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Ungarn wählte ein neues Parlament

8. April 2002

- In erster Runde hauchdünner Vorsprung für die Sozialisten

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Köln, 8.4.2002, UNGARISCHER RUNDFUNK, BUDAPESTER ZEITUNG

UNGARISCHER RUNDFUNK, ungar., 8.4.2002, 2201 GMT

Wir schalten nun rüber zur Nationalen Wahlkommission. Gabor Kristof berichtet:

Bei einer Wahlbeteiligung von über 70 Prozent, der höchsten seit dem Ende des Kommunismus im Jahre 1990, hat das Land vier Parteien für dass Parlament gewählt. Nach der Auszählung von nahezu 100 Prozent der Stimmen entfallen auf die Ungarische Sozialistische Partei 42,4 Prozent der Stimmen. Das (konservative) Wahlbündnis Bürgerliche Partei/Fidesz und Demokratisches Forum erzielte 41,2 Prozent, während der (liberale) Bund Freier Demokraten 5,54 Prozent der Stimmen erhielt.

Die (rechtsextreme) ungarische Gerechtigkeitspartei hat die Fünf-Prozent-Hürde nicht geschafft. Die Zentrumspartei gewann 3,88 Prozent der Stimmen, die Arbeiterpartei 2,18 Prozent und die Unabhängige Partei der Kleinbauern 0,76 Prozent. Die Neue Linke konnte 0,06 Prozent der Stimmen auf sich vereinigen. (TS)

BUDAPESTER ZEITUNG, deutsch, 8.4.2002

Hauchdünn lag die oppositionelle Ungarische Sozialistische Partei (MSZP) bei der Parlamentswahl am Sonntag (7.4.) nach Bekanntgabe der Hochrechnungen von 22.50 Uhr nach der Auswertung von 91 Prozent der abgegebenen Stimmen vor der Wahlallianz von Fidesz (regierender konservativer Bund Junger Demokraten) und MDF (Ungarisches Demokratisches Forum). Danach entfielen auf die Sozialisten laut dem Zentralen Wahlbüro 42,1 Prozent, die Fidesz-MDF-Allianz folgte mit 41,3 Prozent. Das offizielle Endergebnis wird allerdings erst für heute (8.4.) Mittag erwartet.

Auch die oppositionellen Linksliberalen schafften mit 5,4 Prozent den Sprung ins Parlament. Dies ist um so bedeutender, als das SZDSZ als erklärter Koalitionspartner der Sozialisten gilt. Mit rund 71 Prozent erreichte die Wahlbeteiligung fast die Rekordhöhe der ersten Nach-Wende-Wahl 1990 – der erwartete knappe Ausgang hatte viele unschlüssige Wähler motiviert.

Keine Rolle spielten bei der Wahl die übrigen Kleinparteien wie die Zentrumspartei, die rechtsextreme MIEP und die kommunistische Arbeiterpartei, die in den Hochrechnungen bei zwei bis vier Prozent pendelten. Geradezu vernichtend war der erste Wahldurchgang für Jozsef Torgyans Kleinbauernpartei, die auf knapp ein Prozent der abgegebenen Stimmen kam – vier Jahre zuvor war die Partei noch dritte Kraft im Parlament.

Die Zentrumspartei des Ex-Finanzministers Mihaly Kupa verfehlte mit 3,74 Prozent ebenfalls den Einstieg ins Parlament. Kurz nach Bekanntwerden dieses Ergebnisses erklärte Kupa sichtbar enttäuscht vor der Presse, dass ein Alptraum wahr würde, wenn das Parlament nur von zwei Parteien beherrscht werde. Gleichzeitig kündigte er an, bei der zweiten Runde der Wahl in zwei Wochen nicht mehr zu kandidieren.

Nachdem die Wahllokale um 19.00 Uhr geschlossen wurden, lag bei den ersten Ergebnissen zunächst der Fidesz in Führung. Erst gegen 21.00 Uhr holte die MSZP langsam auf und übernahm dann eine hauchdünne Führung. Nachfolgend baute sie den Vorsprung immer mehr aus. Diese plötzliche Wendung führte in der MSZP-Zentrale am Köztarsasag ter zu stürmischem Beifall. In einer eilig anberaumten Pressekonferenz teilte Parteichef Laszlo Kovacs, unterbrochen von ständigem Applaus, dies dem Publikum mit. "Der Fidesz hat sich zu früh gefreut." Der oppositionelle Premierkandidat Peter Medgyessy bedankte sich wenig später bei den Wählern für ihre Weisheit, Treue und Klarsicht. "Gott sei dank haben sich die Meinungsforscher geirrt", so Medgyessy erleichtert.

Die endgültige Verteilung der 386 Sitze entscheidet sich jedoch erst bei der Stichwahl am 21. April, bei der über die Mehrheit der 176 Direktmandate bestimmt wird. Nach der jetzigen Lage geht die MSZP mit besseren Chancen ins Rennen. (ykk)