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Ungarns Elite

11. Juni 2002

- Großteil der ungarischen Intellektuellen steht im Dienste des Staates

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Budapest, 11.6.2002, PESTER LLOYD, deutsch

Die ungarische Intelligenz, ob sie in den Medien, in der Wissenschaft, im Bildungswesen oder im öffentlichen Leben tätig ist, bekleidet überwiegend staatliche Positionen oder erhält den bestimmenden Teil des Einkommens vom Staat. Zwar braucht die Privatsphäre Planer und Strategen, doch der ungarische Markt ist klein und ein guter Teil der entscheidenden Großunternehmen besetzt diese Positionen mit Leuten aus dem Ausland.

Die meisten Produkte der ungarischen Elitekultur sind also staatlich oder hängen von nicht marktkonformen Unterstützungen ab. Der Kampf um die Verteilung der Finanzen ist notbedingt. Mitte der 90er Jahre hat sich die Lage "normalisiert": Wer sich nicht in eines der Netzwerke integriert hatte, bekam selbständig kaum viele Chancen (...)

Die Konfrontation wurde der Intelligenz vielfach nicht durch die Politik aufgezwungen, im Gegenteil, die Intellektuellen wählten für sich Stammessymbole, um in der Zeit, die ihnen (aufgrund der Legislaturperioden) zur Verfügung steht, die besten Ergebnisse zu erzielen. Die jüngsten Wochen brachten die Praxis der Straßenpolitik zurück, wobei die Intellektuellen dort nur eine Statistenrolle hatten.

Die Menge, die den Führer vergöttert, kann sich damit beruhigen, dass andere von ihnen respektierte Personen auch mit ihren Idolen sympathisieren. Wenn diese Veranstaltungen von kurzer Dauer oder einmalig sind, ist das alles kein Problem; doch was passiert, wenn die Bewegung eine dauerhafte wird und auch ihr Rollenspiel kontinuierlich? Wer nimmt diese Inanspruchnahme auf sich und wer schreckt davor zurück? Die Entwicklungen in den nächsten Monaten versprechen spannend zu werden.

Hinzu kommt, dass ein wesentlicher Teil des Tageszeitungsmarktes wirtschaftlich instabil ist, notwendigerweise hängt man also von politischer Unterstützung von außen ab. Sollten die gegenwärtigen Formen der Konfrontation auf die Dauer aufrechterhalten bleiben, werden die Bindungen der Zeitungen an politische Lager und Stämme stärker werden. (fp)