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Ungarns Nachbarn gegen doppelte Staatsbürgerschaft für Auslandsungarn

23. November 2004
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Budapest, 22.11.2004, PESTER LLOYD, deutsch

Slowakische Politiker sind angesichts der für 5. Dezember angesetzten ungarischen Volksabstimmung über die Möglichkeit der Doppelstaatsbürgerschaft für Auslandsungarn in Nachbarstaaten beunruhigt. Der slowakische Außenminister Eduard Kukan bezeichnete die Idee der doppelten Staatsangehörigkeit als Konzept, "das innerhalb der EU unzeitgemäß ist".

Der Verfassungsrechtsexperte Peter Kresak sagte, die doppelte Staatsangehörigkeit sei ein unerwünschtes Element, weil Ungarn damit Bürger zweier Kategorien schaffe. Kresak sagte, die Doppelstaatsbürgerschaft würde aber keinen Eingriff ins slowakische Rechtssystem darstellen, weil sich daraus keine Vorteile auf slowakischem Territorium ergeben würden. Anderer Meinung ist Stanislav Mraz, Professor an der juristischen Fakultät der Comenius Universität in Pressburg. Laut Mraz würde die massenhafte Gewährung der Staatsangehörigkeit für Personen, die ihren Hauptwohnsitz auf dem Territorium eines anderen Staates haben, einen Eingriff in dessen Souveränität darstellen. Weitere Probleme würden nach der Aufhebung der inneren Grenzen in der EU entstehen.

Zwischen der Tschechoslowakei und Ungarn wurde im Jahr 1961 ein Vertrag abgeschlossen, der die Erteilung von Doppelstaatsangehörigkeiten einschränkte. Die Slowakei als selbstständiger Staat übernahm diesen Vertrag ohne Änderungen. Die Tageszeitung "Hospodarske noviny" schreibt: "Die Doppelstaatsangehörigkeit ist, ähnlich dem Statusgesetz, ein explosives und sensitives Thema. Sie stellt nicht nur ein ungarisches Problem dar, sondern auch ein Problem der Nachbarstaaten, von denen einige schon EU-Mitglieder sind. Die Doppelstaatsangehörigkeit wird die slowakisch-ungarischen Beziehungen wieder unsicher machen. Wenn die Volksabstimmung erfolgreich ausgeht, wird sie die sowieso schon beschädigten Beziehungen zwischen den slowakischen Regierungsparteien und der Partei der Ungarischen Koalition radikalisieren. Ein Scheitern der Volksabstimmung würde umgekehrt diese Beziehungen entspannen.

"Die Partei der Ungarischen Koalition (SMK) befürwortet die Volksabstimmung und wünscht sich ein Verabschieden des Gesetzes über Doppelstaatsbürgerschaften im ungarischen Parlament. Besonders aggressiv befürwortet Miklos Duray, der Sprecher des radikalen Flügels in der SMK, die Idee. Seine vulgären Äußerungen im ungarischen Rundfunk an die Adresse der ungarischen Sozialisten ("Es hat sich endlich Scheiße von Wasser abgesondert") hatten in der Slowakei Empörung ausgelöst. Duray ist berüchtigt wegen seiner vulgären Äußerungen. Vor den Parlamentswahlen 2002 hat ihn die Führung der SMK ersucht, sich zu den sensiblen Problemen der ungarischen-slowakischen Beziehungen nicht zu äußern. Die Position Durays in der Ungarnpartei ist aber trotz seiner häufigen Exzesse stark. (fp)