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Ungeliebte Millionäre

1. Oktober 2003

Damit die Millionen auch Millionen bleiben, ziehen viele reiche Deutsche in die Schweiz - um Steuern zu sparen. Sie erholen sich, der Staat umwirbt sie. Die Schweizer aber klagen über Käuflichkeit und Kungelei.

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Mit Michael Schumacher hatten die Schweizer in Luzern einst wenig zu lachenBild: AP

Zuwanderer des gehobenen Geschmacks schätzen den Schweizer Kanton Zug: Berge, Seen und ein mildes Klima versprechen Erholung vom Geldverdienen. Die astronomischen Grundstückspreise halten ordinäre Menschen aus der Idylle fern. Und der Fiskus rollt Neuankömmlingen den roten Teppich aus: Superreiche Ausländer können individuelle Abkommen aushandeln.

Wie der verurteilte Steuerflüchtling Boris Becker (zwei Jahre Haft auf Bewährung, 500.000 Euro Strafe) haben sich bereits eine Menge wohlhabender Deutscher und Deutschstämmiger in die Schweiz aufgemacht: Die Liste geht von August Baron von Finck über Partylöwe Gunter Sachs bis hin zum knorrigen Pharma-Milliardär Curt G. Engelhorn. Mancher Zuwanderer aus Deutschland hat sich bei den Eidgenossen aber in die Nesseln gesetzt.

Kein Stall für Rennfahrer Schumis Frau

Michael Schumacher zog es vor gut zwei Jahren vom Genfer See in die Deutsch-Schweiz. Schumachers Frau Corinna wollte Stallungen für ihre ersehnte Pferdezucht bauen lassen. Dann wurde publik, dass Behörden im Kanton Luzern dem Formel-1-Überflieger den Umzug leichter machen wollten - mit Steuervergünstigungen, exklusivem Landerecht für den Privatjet auf einem Militärflughafen, Hilfe bei der Grundstückssuche. "Die Sonderbehandlung durch unsere Behörden für einen ausländischen Millionär" sei "einfach skandalös", schimpfte der Sozialdemokrat Odilo Abgottspon. Obendrein gingen im Appenzeller Land die Umweltschützer auf die Barrikaden. Entnervt nahm der Weltmeister Abstand vom Umzug und blieb am Genfer See.

Keine weiße Weste für Metro-Mann Beisheim

Otto Beisheim, Patriarch der Metro-Handelsgruppe, galt in seiner Wahlheimat Zug lange als mustergültiger Steuerflüchtling: großzügig, unkompliziert, ohne Allüren. Dann kam ans Licht, dass auch die Metro allzu enge Beziehungen zur kantonalen Steuerverwaltung pflegte. So wurde die Veranlagung Otto Beisheims auf Wunsch seiner Manager lange Zeit hinausgezögert. Briefe des Fiskus an die Generaldirektion waren in unterwürfigem Stil gehalten. Daraufhin musste sich die Zuger Regierung öffentlich von ihrer Steuerverwaltung distanzieren. "Vetternwirtschaft zwischen ausländischem Kapital und kantonalen Behörden findet sich sonst nur in Bananenrepubliken", wetterte der linksalternative Abgeordnete Josef Lang. Beisheims guter Ruf erlitt empfindliche Kratzer.

Ganz leiser Protest gegen "Hugo Boss"-Holy

Uwe Holy, der ehemalige Miteigentümer und Vorstandschef des Bekleidungshauses Boss, bedachte eine regionale Dependance der Umweltorganisation World Wide Fund For Nature (WWF) mit 360.000 Franken. Zur Förderung des "Natur- und Landschaftsschutzes", hieß es offiziell. Dank der Zuwendung wehrten sich die Naturfreunde aber auch nicht mehr gegen Holys Nobelresidenz am Bodensee. Einigung mit "gepolstertem Händedruck", das stieß vielen Bürgern sauer auf.

Kein Forum für Flick und Flicks Erben

Noch höher schlugen die Wogen bei Friedrich Christian Flick. Der Millionär besitzt eine einmalige Kunstsammlung und dachte daran, sie in Zürich dauerhaft ausstellen - davor hatte er sie schon Museen in Europa und den USA angeboten. Doch die Zürcher lehnten energisch ab. Das Geld für den Ankauf der erlesenen Werke, so die Kritiker, stamme aus den Rüstungsschmieden des alten Friedrich Flick. Friedrich Christian Flicks Großvater hatte als Hitlers Waffenlieferant am Krieg verdient - und an der Ausbeutung von Zwangsarbeitern. Der Enkel will von einer Collection Flick in Zürich längst nichts mehr wissen. (reh)

Friedrich Christian Flick
Der deutsche Industrielle Friedrich Christian FlickBild: AP