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Unheimliche Verschwörungstheorien

Daniel Scheschkewitz24. Juli 2003

Wie dauerhaft beschädigt ist das deutsch-amerikanische Verhältnis? Die Regierungen reden wieder miteinander, es gibt eine funktionierendes Arbeitsverhältnis. Dennoch ist das Misstrauen nach wie vor da.

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Ein Umfrage der angesehenen Wochenzeitung "Die Zeit" hat in den USA ungläubiges Staunen ausgelöst - danach hält es jeder fünfte Deutsche für möglich, dass die US-Regierung selbst hinter den Terroranschlägen des 11. Septembers in New York und Washington steckte. In der Altersgruppe der unter 30-Jährigen glaubt gar jeder Dritte an eine derartige Verschwörungstheorie.

Die Umfrage ist ein weiterer Beleg dafür, wie tief der Graben inzwischen ist, der sich zwischen beiden Ländern aufgetan hat. Schon fragen empörte Fernsehmoderatoren, wie sich Deutschland eigentlich noch als Verbündeter bezeichnen könnte? Für Außenminister Fischer, der erst vor einer Woche bei seinem Besuch in Washington, die deutsch-amerikanischen Beziehungen schön zu reden versucht hatte, und für alle anderen, die an der Wiederherstellung eines halbwegs vertrauensvollen Verhältnisses zur Supermacht arbeiten, ist das Ergebnis der Umfrage ein erneutes Alarmsignal. Nur vor dem Hintergrund einer Vertrauenskrise die mittlerweile ungekannte Dimensionen erreicht hat , können solche Verschwörungstheorien gedeihen.

Teufelskreis vergifteter Beziehungen

Die Medien in Deutschland sind daran nicht unbeteiligt - im Vorfeld und während des Irak-Krieges wurde in einigen deutschen Fernseh- und Rundfunksendern, aber auch in Zeitungen ähnlich einseitig berichtet, wie in den US-Medien - nur aus entgegengesetzter Perspektive. Selbst gestandene Zeitungskollegen in Washington berichten von Pressionen ihrer Redaktionsleiter in Deutschland, mit ihren Berichten das negative Amerikabild der Leser besser zu bedienen - auch wenn das dann anders formuliert wird. Aus diesem Teufelskreis können eigentlich "vergiftete" Beziehungen entstehen.

Die Bush-Regierung ist daran natürlich nicht unschuldig. Ihre Halbwahrheiten und Widersprüche bei der Begründung des Irak-Krieges haben dazu beitragen, dass die US-Politik immer weniger Menschen im Ausland als glaubwürdig erscheint. Die Tatsache, dass 28 Seiten des umfassenden Untersuchungsberichtes zum 11. Septembers von der Bush-Regierung immer noch geheim gehalten werden, ist ebenfalls nicht dazu angetan, aberwitzigen Spekulationen den Boden zu entziehen. So gesehen sollte die "Zeit"-Umfrage, wie problematisch sie auch sein mag, den Amerikanern ebenso zu denken geben wie Deutschen. Was nützen Amerika die militärischen Erfolge im sogenannten Krieg gegen den Terror, wenn dem Land langsam aber sicher alle Freunde auf dieser Welt verloren gehen?