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11. April 2008

Nach den Vorwürfen um die Verschwendung von Spendengeldern will das Kinderhilfswerk UNICEF in Deutschland unter neuer Führung den Weg aus der Krise finden. Ein Unternehmer ist neuer Vorsitzender des Gremiums.

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Porträt Jürgen Heraeus (Quelle: AP)
Juergen Heraeus ist neuer Vorsitzender von UNICEF in DeutschlandBild: AP

Der Manager Jürgen Heraeus ist zum neuen Vorsitzenden der deutschen Sektion des Kinderhilfswerks UNICEF gewählt worden. Zu seinen Stellvertreterinnen wurden am Freitag (11.4.2008) in Berlin Ann Kathrin Linsenhoff und Maria von Welser ernannt. Der 71-jährige Jürgen Heraeus war Vorstandschef des Hanauer Edelmetall- und Technologiekonzerns Heraeus und wechselte im Jahr 2000 in den Aufsichtsrat. Mit der Wahl eines neuen Vorsitzenden will das Kinderhilfswerk UNICEF Deutschland seine monatelange Führungskrise beenden. Am Donnerstag hatte die Mitgliederversammlung der Organisation in Berlin bereits einen neuen Vorstand gewählt.

unicef-Logo (Quelle: AP)
Bild: AP

Eine außerordentliche Mitgliederversammlung wählte am Donnerstagabend in Berlin acht Persönlichkeiten in den Vorstand. Darunter sind die Dressurreiterin Ann Kathrin Linsenhoff, die Grünen-Politikerin Anne Lütkes und der frühere UN-Afghanistan-Beauftragte Tom Koenigs (Grüne).

"Fliegende Fetzen"

Die Grünen-Politikerin Kerstin Müller, die dem UNICEF-Komitee angehört, sprach von einem "richtigen Neuanfang: alles neue Leute". Gewählt wurden neben den neuen Vorstandsvorsitzenden auch der Unternehmer Peter Krämer, die Grünen-Politikerin Ekin Deligöz und der Diplomat Dieter Kastrup. Die fünfstündige Diskussion hinter verschlossenen Türen war nach Angaben von Teilnehmern sehr offen und konstruktiv.

Zur Wahl waren 16 Kandidaten angetreten. Notwendig war eine Mehrheit der Stimmen der 46 anwesenden Komitee-Mitglieder. In den Vorstand können laut Satzung zehn Menschen gewählt werden. Kraft Amtes gehören ihm auch der Geschäftsführer an, dessen Position aber seit dem Rücktritt von Dietrich Garlichs vakant ist, und zwei bestellte Vertreter der 8000 ehrenamtlichen UNICEF-Mitarbeiter.

UN-Aktivisten vs. Wirtschaft

Frau (Heide Simonis) spricht, gestikuliert (Quelle: AP)
Die ehemalige UNICEF-Vorsitzende Heide SimonisBild: AP

Der bisherige Vorstand unter dem Interimsvorsitzenden Reinhard Schlagintweit (80) war zurückgetreten, um einen Neuanfang zu ermöglichen. "UNICEF braucht Vertrauen", hatte Schlagintweit vor der Sitzung erklärt. Zunächst hatte die Mitgliederversammlung zwölf neue Mitglieder hinzugewählt. Aus Teilnehmerkreisen hieß es, es gebe zwei Lager, UN-Aktivisten und Vertreter der Wirtschaft. Die Grünen-Politikerin Anne Lütkes sagte, notwendig sei eine Versöhnung. UNICEF müsse den Spagat schaffen zwischen den ehrenamtlichen und den professionellen Spendensammlern.

Im Herbst 2007 war der eigenständige deutsche Zweig des UN-Kinderhilfswerks in die Schlagzeilen geraten, weil der Geschäftsstelle in Köln die Verschwendung von Spenden durch überhöhte Honorare an externe Spendenwerber und ein laxes Finanzgebaren vorgeworfen wurden. Die UNICEF-Vorsitzende Heide Simonis trat im Februar im Streit mit Geschäftsführer Garlichs zurück, der wenig später ebenfalls sein Amt aufgab.

Spardose mit UNICEF-Aufdruck (Quelle: dpa)
UNICEF verlor das SpendensiegelBild: picture-alliance/dpa

Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen hatte dem Kinderhilfswerk daraufhin im Februar das Spendensiegel entzogen, das Gütezeichen für einen sorgsamen Umgang mit Spenden ist. Wegen der Spendenkrise wandten sich rund 37.000 der 200.000 Fördermitglieder von UNICEF ab. Die Spenden, die 2006 rund 97 Millionen Euro ausmachten, brachen um 20 Prozent ein. (rri)

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