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United Wundertüte

Miodrag Soric31. Dezember 2009

Schon Kinder lieben die Überraschung, etwa bei Geschenken. Oder bei Wundertüten. Die gibt's jetzt auch bei amerikanischen Fluggesellschaften. Denn auch Erwachsene können sich über das Unerwartete freuen.

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Der Koffer eines Reisenden geht auf dem Flug von Frankfurt über Montreal nach Washington verloren. Der Besitzer erlebt darauf hin gleich mehrere Überraschungen. Da wäre zum einen der - nicht ganz freiwillige - Selbstversuch, mit weniger Kleidung, ohne Zahn- oder Haarbürste auszukommen. Gegenstände, die er zuvor wie selbstverständlich benutzte, erhalten so eine Wertsteigerung, die er vor dem Abflug gar nicht für möglich gehalten hätte.

Eine weitere Überraschung folgt bei der Kommunikation mit den Mitarbeitern der Fluggesellschaft. Vor dem Abflug war das Gespräch mit dem Bodenpersonal kein Problem. Kaum ist der Koffer weg, ist alles anders. Der Kunde spricht fast nur noch mit der Telefonanlage der Airline: "Bitte geben Sie die Kennzahl Ihrer Flugnummer ein und drücken Sie dann auf die Raute.“

Think positive!

Zwar heißt es, dass der Verlust eines Koffers gleich nach der Ankunft bei der Fluggesellschaft angegeben werden soll. Doch wer hat nach einem achtstündigen Flug aus Frankfurt die Muße, sich in einer langen Reise mehrere Stunden anzustellen, um am Ende zu erfahren, dass "so etwas schon mal passieren kann“?

Vielflieger in Washington schenken sich die Streitereien mit dem hoffnungslos überforderten Bodenpersonal. Klüger ist es, wie die Amerikaner, positiv zu denken, die Initiative zu ergreifen, sich vom Leben immer wieder überraschen zu lassen. Taucht der verlorene Koffer auch nach Tagen nicht auf, begibt man sich am besten noch einmal zum Washington Dulles International Airport. An einem ganz bestimmten Gepäckband in der Ankunftshalle warten Hunderte von meist unbewachten Koffern auf jemanden, der sie mitnimmt. Nur Langweiler greifen dann zum eigenen Koffer (soweit er sich dort befindet). Wer hingegen die Überraschung liebt, umkreist mal das eine, mal das andere Gepäckstück und schnappt sich dann irgendeinen Reisebehälter. Oder auch zwei.

Missgriff? Egal!

Zu Hause angekommen, tritt dann der Wundertüteneffekt ein: Was mag im Koffer sein? Ein Schmückstück in der Schatulle oder nur ein Zahnersatz im Plastikbehälter? Ein Laptop oder abgewetzte Hausschlappen? Parfüm oder schmutzige Socken?

Sollte der Koffer Ihrer Wahl ein Missgriff gewesen sein, macht das nichts. Es gibt ja so viele andere. 2008 wurden fast 33 Millionen Koffer weltweit "fehlgeleitet“, wie die offizielle Sprachregelung lautet. Jährlich verschwinden übrigens 700.000 Gepäckstücke für immer im Airport-Nirwana. Die Auswahl ist also beträchtlich.