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UNO-Reform bleibt notwendig

Nina Werkhäuser, Berlin28. Juli 2005

Rom will einen ständigen Sitz Deutschlands im Weltsicherheitsrat verhindern. Das zeigen die jüngsten Attacken von Italiens UN-Botschafter. Gleichwohl muss Berlin nicht alle Hoffnungen begraben, meint Nina Werkhäuser.

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In der UNO geht es momentan zu wie bei der Vergabe der Olympischen Spiele. Jeder Kandidat präsentiert in den schillerndsten Farben die eigenen Vorzüge und Leistungen, während die anderen schlecht gemacht werden. Schließlich geht es um nichts Geringeres als um eine Dauerkarte für den mächtigsten Club der Welt, den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen (UNO). Und so fiebern alle 191 Mitgliedsländer dem großen Moment entgegen, in dem der Umschlag mit dem oder den Namen endlich geöffnet wird. Aber das Verfahren hat seine Schwächen: Anders als bei der Vergabe der Olympischen Spiele gibt es keinen festen Termin, an dem das Ergebnis verkündet wird. Die Verhandlungen können sich noch Wochen, Monate oder gar Jahre hinziehen. Und vielleicht - auch das ist nicht ausgeschlossen - wird es weder Gewinner noch Verlierer geben, und die Siegermächte des Zweiten Weltkriegs bleiben auch 60 Jahre nach Kriegsende im Sicherheitsrat weiter unter sich.

Billige Anschuldigungen

Aber noch ist es viel zu früh, um die dringend notwendige Reform des UN-Sicherheitsrats abzuschreiben. Dass sich die Gemüter Ende Juli erhitzt haben, ist eher ein gutes Zeichen. Denn bei dieser Reform geht es um knallharte Machtinteressen, und da wären butterweiche Debattenbeiträge in der Tat verwunderlich. Trotzdem sollten die Ländervertreter in New York ein Mindestmaß an Höflichkeit und Fairness wahren. Das gilt auch für den italienischen UN-Botschafter, so sehr ihn Deutschlands Ambitionen auf einen ständigen Sitz auch mit Groll erfüllen mögen. Seine Vorwürfe an die Adresse Deutschlands und Japans, durch den Entzug von Entwicklungshilfe angeblich Druck auf arme Länder ausüben, sind billige Anschuldigungen. Dass der Regierung in Rom so früh die reichlich vorhandenen Sachargumente ausgehen, wirft kein gutes Licht auf ihre Verhandlungstaktik. Es zeigt vielmehr die riesengroße Angst Italiens, am Ende vor der Tür zu stehen, während Großbritannien, Frankreich und vielleicht auch noch Deutschland im Sicherheitsrat Entscheidungen fällen.

Chancen

Allen Angriffen und Gegenentwürfen zum Trotz gibt sich die Bundesregierung weiter optimistisch, dass der Vorschlag ihrer Gruppe, G4 genannt, am Ende der chancenreichste sein wird. Deutschland, Brasilien, Japan und Indien fordern gemeinsam sechs neue ständige Sitze im Sicherheitsrat - vier für sich, zwei für Afrika, und das Ganze ohne Vetorecht. Der Gegenvorschlag der Afrikanischen Union mit dem Vetorecht für die Neuen wird allgemein als unrealistisch bewertet. Daraus ergibt sich die Chance für einen Kompromiss zwischen diesen beiden Entwürfen, und der könnte dann möglicherweise die nötige Zweidrittelmehrheit hinter sich versammeln. Ob die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrats am Ende auch noch zustimmen werden - keiner weiß es. Aber auch das ist kein Grund, die langersehnte Reform schon in ihrem Anfangsstadium versanden zu lassen. Weiterverhandeln lohnt sich, denn trotz aller Meinungsverschiedenheiten war die UNO einer Lösung ihrer Strukturprobleme noch nie so nahe wie jetzt.