1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Unruhen in Kirgisistan

22. Juni 2005

Der Versuch von Anhängern nicht zugelassener Präsidentschaftskandidaten, das Regierungsgebäude zu besetzen, ist gescheitert. Der Geheimdienst befürchtet aber weitere Unruhen. Die Übergangsregierung demonstriert Stärke.

https://p.dw.com/p/6ouH
Sicherheitskräfte vor dem kirgisischen RegierungssitzBild: AP

Am vergangenen Freitag (17.6.) haben vor allem mehrere Hundert Anhänger des nicht als Präsidentschaftskandidaten zugelassenen Geschäftsmanns Urmat Baryktabasow versucht, das Regierungsgebäude zu besetzen. Sondereinheiten der Miliz war es aber gelungen, die Menschen zurückzudrängen. Baryktabasow darf nicht kandidieren, weil er angeblich kasachischer Staatsbürger ist. Nun ist es nicht ausgeschlossen, dass Baryktabasow des versuchten Staatsstreichs angeklagt wird.

Erste Festnahme

Bereits am Samstag (18.6.) wurde wegen des Verdachts, an den Unruhen vom Vortag in Bischkek beteiligt gewesen zu sein, der ehemalige Vorsitzende des kirgisischen Parlaments, Mukar Tscholponbajew, festgenommen. Er gehört der Führung der Bewegung Mekenim Kirgistan ("Meine Heimat – Kirgisistan") an, deren Mitglieder sich ebenfalls unter den Aufständischen befanden. Außerdem gilt Tscholponbajew als Gefolgsmann des ehemaligen Präsidenten Askar Akajew. Auch das ehemalige Staatsoberhaupt wird verdächtigt, die gescheiterte Besetzung des Regierungsgebäudes organisiert zu haben. Akajew selbst erklärte im russischen Fernsehen, weder er noch Mitglieder seiner Familie hätten mit den Unruhen in Bischkek etwas zu tun. Der Ex-Präsident betonte, er sei nicht bereit, sich mit Vertretern der kirgisischen Generalstaatsanwaltschaft zu treffen.

Einsatz der Armee geplant?

Obwohl es den Rechtsschutzorganen rasch gelungen war, das Regierungsgebäude zu räumen und die Menschen zu vertreiben, erhielten der Vorsitzende des Nationalen Sicherheitsrates, Taschtemir Ajtbajew, und der Kommandeur der Nationalgarde, Abdygul Tschotbajew, einen vom amtierenden Präsidenten Kurmanbek Bakijew unterzeichneten Verweis. Der Geheimdienst des Landes schließt nicht aus, dass sich solche Unruhen wiederholen. Zur Sicherung der öffentlichen Ordnung könnte jetzt auch die Armee hinzugezogen werden. Der amtierende Verteidigungsminister des Landes, Ismail Isakow, sagte: "Die Streitkräfte werden die Volksmassen nicht unterdrücken, aber denjenigen, die Bürger oder Gebäude überfallen wollen, eine Abfuhr erteilen."

Noch größere Unruhen angedroht

Mehrere kirgisische gesellschaftliche Organisationen verurteilten unterdessen den Einsatz von Tränengas gegen die Aufständischen, unter denen sich auch Anhänger von Kubanytschbek Apasow befanden, der wie Baryktabasow keine Zulassung als Präsidentschaftskandidat erhielt. Apasow sagte der Deutschen Welle: "Bakijew hat sich wie ein Diktator verhalten. Er droht dem Volk mit Waffen." Nach Apasows Ansicht wird es in Bischkek zu weiteren Massenunruhen kommen: "Das sind nur die Vorboten weiterer Ereignisse. Es wird noch größere Unruhen geben. Mehr als 50.000 Menschen können auf den Platz strömen, weil das Volk heute radikal ist. Das Volk ist sich seiner Kraft bewusst." Apasow betonte, unter Berücksichtigung der jetzigen Lage müssten die Präsidentschaftswahlen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Bakijew beurlaubt sich selbst

Drei Wochen vor den für den 10. Juli angesetzten Präsidentschaftswahlen hat sich der amtierende Premierminister Kirgisiens, Kurmanbek Bakijew, bis zum Ende des Wahlkampfes erwartungsgemäß selbst von seinem Amt beurlaubt, wie es das Gesetz vorsieht. Die Regierungsgeschäfte wird aller Wahrscheinlichkeit nach Vizepremier Medetbek Kerimkulow führen. Im Bedarfsfall kann Bakijew gemäß der Verfassung des Landes auch die Sitzungen des Ministerkabinetts leiten, da er nach wie vor die Befugnisse des Präsidenten ausübt. Kulow machte deutlich, alle Ministerien und Behörden würden intensiv arbeiten und keine neuen Unruhen zulassen.

Feliks Kulow hingegen legte das Amt des amtierenden ersten Vizepremiers hingegen überraschend nieder. Er sagte, er habe diese Entscheidung getroffen, um die Lage im Lande zu stabilisieren. Kulow betonte: "Nach dem Rückzug aus dem Amt kann auch ich mich dem Wahlkampf widmen sowie alle Angriffe und unbegründete Kritik abwehren. Außerdem kann ich somit allen beweisen, dass das Tandem mit Bakijew nach wie vor lebendig ist."

Witalij Katargin, Bischkek
DW-RADIO/Russisch, 20.6.2005, Fokus Ost-Südost