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Unser Gast vom 09.08.2009 Volker Schlöndorff, Regisseur und Oscarpreisträger

Moderator Hajo Schumacher spricht mit Volker Schlöndorff über Revoluzzer, Regisseure und Romane.

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Volker Schlöndorff ist einer der bekanntesten deutschen Regisseure. 1980 erhielt er den Oscar für seinen Film "Die Blechtrommel". Volker Schlöndorff zeichnete sich besonders durch zahlreiche Literaturverfilmungen aus.

Volker Schlöndorff wurde am 31. März 1939 in Wiesbaden geboren. Zum zentralen Trauma seines Lebens wurde der Verlust der Mutter im Alter von 5 Jahren. Flüssiges Bohnerwachs war beim Erhitzen explodiert. Die Erinnerungen aus dieser Zeit hat er in seiner Autobiographie beschrieben: "Brennend stand Mutti in der Küche...Gesehen habe ich es nicht, jemand hatte uns ins Kinderzimmer gesperrt. Ich erinnere mich nur, wie ich mit Fäusten an die verschlossene Tür trommelte, hinter der sich so Schreckliches ereignete." Der Vater, ein Arzt musste ihn und seine zwei Brüder deshalb alleine aufziehen.

Das Nachkriegs-Deutschland wurde Volker Schlöndorff jedoch schnell zu eng: "Die Zivilisation der Amerikaner hatte uns mehr zu bieten als das deutsche Erbe". Im Amerikahaus fand er über die Literatur auch zum Film. Doch statt nach Amerika ging er 1956 zunächst im Schüleraustausch nach Frankreich, wo er in der Bretagne ein Jesuiteninternat besuchte. 1959 machte er in Paris das Baccalauréat. Anschließend studierte er in Paris Politische Wissenschaften und besuchte das Institut des Hautes Etudes Cinematographiques, wo er unter 300 Bewerbern als einer von 11 ausgewählt wurde. Wichtiger als die Theorie war für ihn jedoch die Zusammenarbeit mit großen französischen Regisseuren der Zeit: Louis Malle, Alain Resnais und Jean-Pierre Melville bei denen er das Handwerk als Regieassistent lernte. Doch der Vater war gegen eine filmische Laufbahn und intervenierte sogar bei der Filmförderung gegen die Förderung des Sohnes – allerdings vergeblich.

Mit der Verfilmung von "Der junge Törless" (Nach Robert Musil) gelang Schlöndorff bereits 1966 der erste internationale Erfolg. Es war der Beginn einer großen Karriere als Autoren-Filmer. Gemeinsam mit Gleichgesinnten wie Fassbinder, Verhoeven, Hauff und anderen, wandte sich das Autoren-Kino mit dezidiert politischen Filmen gegen "Opas Kino", wie die leichten bis seichten Unterhaltungsfilme der 50er und 60er Jahre abschätzig genannt wurden.

Filmemachen sei für ihn immer der Versuch gewesen, Antworten auf die Frage zu finden, wie das möglich war, dass sich das deutsche Bürgertum so vorbehaltlos dem Faschismus überantwortete. Antworten fand er in Literarischen Vorlagen. Hier suchte er auch immer wieder nach Wahlverwandtschaften.

Markenzeichen Literaturverfilmungen

Sein filmisches Markenzeichen wurden deshalb vor allem Literaturverfilmungen. Seine besten Filme hat er ebenfalls nach Büchern gemacht. Darunter so bekannte und herausragende Filme wie "Die verlorene Ehre der Katharina Blum (1975 nach Böll), die er gemeinsam mit seiner ersten Frau, der Regisseurin Margarethe von Trotta drehte. Oder "Die Blechtrommel" (1978 nach Günter Grass), mit dem er 1979 die Goldene Palme in Cannes gewann (gemeinsam mit Apocalypse Now von Coppola) und 1980 den Oscar als erster deutscher Film seit 1927.

Gemeinsames Leitmotiv von vielen seiner Filme: Verweigerung und Protest. "Der Widerstand des Einzelnen in einer weitgehend ausweglosen Situation. Ein Aufbegehren, das häufig zu spät kommt, weil es als letzte Maßnahme gegen eine lange durchlittene Ohnmacht geschieht."

Oscar-Gewinner

Spätestens nach dem Oscar-Gewinn wurde auch Hollywood auf ihn aufmerksam. Volker Schlöndorff ging fünf Jahre in die USA und schaffte es dort, sich als einer der wenigen Europäer zu behaupten. In dieser Zeit realisierte er drei Filme. Unter anderem: "Tod eines Handlungsreisenden" (1984 nach Arthur Miller mit Dustin Hoffmann und John Malkovic) und "Die Geschichte der Dienerin" 1990 (nach einer Romanvorlage von Margret Atwood, Drehbuch Harold Pinter, u.a. mit der vor kurzem gestorbenen Natasha Richardson, Robert Duvall und Faye Dunaway).

Weitere bekannte Filme waren Homo Faber (1990) nach Max Frisch und "Die Stille nach dem Schuss", den er 2000 bei der Berlinale vorstellte.

Danach gelang dem "redlichen Handwerker" kein größerer Erfolg mehr.

Besonders schlecht schnitt die Verfilmung von Michel Tourniers preisgekröntem Roman "Der Unhold" (1996) bei der Kritik ab, in dem John Malkovic mitspielte.

Sein letzter Film "Ulzhan" wurde von den Feuilletons gelobt, war an den Kinokassen jedoch ein absoluter Flop. (17739 Besucher)

Studio Babelsberg

Von 1992 bis 1997 war Schlöndorff außerdem Geschäftsführer der Studios in Potsdam-Babelsberg. Was er nachträglich als den großen Fehler seines Lebens bezeichnet.

Erneut in die Schlagzeilen geriet der Regisseur, als ihm seine Produktionsfirma Constantin-Film von dem Projekt "Die Päpstin" feuerte, an dem er sieben Jahre gearbeitet hatte. Der vermeintliche Grund: ein zerstörtes Vertrauensverhältnis. Schlöndorff hatte sich in Zeitungsartikeln kritisch über die Vermengung von Kino und Fernsehen und die damit verbundenen Produktionszwänge geäußert.

Dafür hatte der Regisseur Zeit, seine Memoiren zu schreiben, in denen er mit sich und seiner Arbeit streng ins Gericht ging. ("Licht, Schatten und Bewegung. Mein Leben und meine Filme" 2008)

Ein Rezensent stellte dabei fest, Schlöndorff habe ein relativ exemplarisches Leben für die Bundesrepublik gelebt: Nachkriegszeit, 68er, Deutscher Herbst, Toskana-Fraktion.

Ende 2008 machte der Filmemacher von sich Reden, als er in einem Interview pauschal die DEFA-Filme aus der DDR als furchtbar einstufte. Das zog den massiven Protest von zahlreichen ostdeutschen Filmleuten nach sich.

Volker Schlöndorff war zwanzig Jahre lang mit der Schauspielerin und Regisseurin Margarethe von Trotta verheiratet. In zweiter Ehe ist er mit Angelika Schlöndorff verheiratet. Er hat eine Tochter.

(Wiederholung vom 26.04.2009)