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Unsere Bergbahn des Friedens fährt rauf und runter

Gad Lior10. Januar 2009
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Foto: Gad Lior
Gad Lior, israelischer Journalist von der Zeitung "Jedioth Achronoth"Bild: DW

Ich erinnere mich noch genau, wie ich am 13. September 1993 in der israelischen Botschaft in Deutschland den historischen Augenblick mitverfolgte, als sich Yitzhak Rabin und Yasser Arafat die Hand gaben. Ich konnte damals nicht anders - ich habe angefangen zu weinen. Und genau so ging es den Israelis um mich herum - Menschen, die in vielen Kriegen mitgekämpft hatten, die wie ich über Jahrzehnte Zeugen des tiefen Hasses zwischen den beiden Völkern gewesen waren. Wir haben alle einfach geweint.

Ich spürte in diesem Augenblick, oder glaubte zu spüren, dass sich die Wirklichkeit des Nahen Ostens grundlegend geändert hat, dass meine drei Kinder in eine Welt des Friedens und der Versöhnung hineinwachsen würden.

Ein Traum, der sich allerdings nach wenigen, kurzen Jahren als ein Alptraum entpuppte. Anstelle von Frieden mussten wir serienweise mörderische Terror- und Selbstmordangriffe einstecken, in Jerusalem, in Tel Aviv. Und statt Frieden erlebten die Palästinenser Vergeltungsschläge für den Mord an Frauen und Kindern in Israel. Und anstelle von Frieden fanden sich tausende von palästinensischen Freiheitskämpfern, wie sie sich selber nennen, in israelischen Gefängnissen wieder.

Der Frieden in unserer Region bewegt sich wie eine Bergbahn: bergauf, bergab. Da gab es die Friedensgespräche von Camp David, wo Arafat leider Nein sagte zu dem Angebot, 98 Prozent der Gebiete von Westjordanland und Gaza zu übernehmen. Dann die "Zweite Intifada", mit ihren unzähligen Toten und Verwundeten auf beiden Seiten. Dann der völlige Abzug Israels aus dem Gazastreifen durch Ariel Sharon - und seit acht Jahren und bis heute Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen auf israelische Städte! Und unsere Bergbahn des Friedens fährt weiter, rauf und wieder runter.

Dann übernimmt die Hamas die Macht im Gazastreifen, droht lautstark Israel zu vernichten, während gleichzeitig Abu Mazen und Ehud Olmert Friedensgespräche führen.

Und dann wieder die Hoffnung: Waffenstillstand mit Gaza, fast ein halbes Jahr, mit nur wenigen Raketen, die trotzdem aus dem Gazastreifen abgefeuert wurden. Mit Ablauf des Waffenstillstandes dann eine neue Realität - mehr als 80 Raketen pro Tag auf israelische Städte!

Und diesmal schlug Israel mit voller Wucht zurück, die Bilder und Berichte kennen wir aus den Medien. Können wir unter diesen Bedingungen überhaupt noch von Frieden träumen?

Vielleicht ist jetzt einfach der Augenblick gekommen, wo beide Seiten erkennen, dass für den Nahen Osten mit Raketenbeschuss, mit dem In-die- Luft-Sprengen von Autobussen und dem Bombardieren von Häusern nichts Gutes herauskommen kann. Ganz einfach: In dem Augenblick, wo beide Seiten dies kapieren werden – in dem Augenblick wird es Frieden geben.

Die einzige Frage ist daher nur, wie viele tausende Tote und Verletzte es noch geben muss, damit der ersehnte Frieden endlich eintreten kann. "Gott ist allmächtig" - die Antwort kommt von oben, sagen Juden und Araber gemeinsam ...

Aus meiner, aus unserer Sicht als Israelis kann ich folgendes sagen: "Wenn der Terror aufhört, wenn keine weiteren Raketen und Mörsergranaten bei uns einschlagen, dann erst wird Frieden sein im Nahen Osten. Denn Israel wird keinen Terror gegenüber seiner Bevölkerung zulassen, wie mit Sicherheit auch kein anderes Land der Welt das zulassen wuerde."

Wenn damit, also dem Terror auf Israel, Schluss ist, dann werden sofort alle Grenzübergänge offen sein. Und dann werden wir Frieden haben.