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Unsichere Zeiten

am1. November 2002

Nach dem Zusammenbruch der Koalition von Ministerpräsident Ariel Scharon wird in der israelischen Politik ein deutlicher Rechtsruck erwartet. Die bisherige Koalition war an der Frage der Siedlungspolitik zerbrochen.

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Siedlungen als FriedenshindernisBild: AP

Der als "Falke" geltende ehemalige Generalstabschef Schaul Mofas akzeptierte mittlerweile ein Angebot Scharons, das Amt des Verteidigungsministers zu übernehmen. Mofas hat unter anderem öffentlich mehrfach die Deportation Arafats gefordert. Scharon führt seit dem Ausscheiden der Arbeitspartei eine Minderheitsregierung mit 55 der 120 Knesset-Mandate. Als potenzieller Koalitionspartner bietet sich nur die ultrarechte Gruppierung "Nationale Union - Unser Haus Israel" und eine Ein-Mann-Fraktion mit insgesamt acht Mandaten an. Anderenfalls muss er versuchen, mit der Minderheitsregierung und wechselnden Mehrheiten zu überleben.

"Bedrohung für die Palästinenser"

Die palästinensische Führung nannte eine rechte Regierung unter Scharon eine "Bedrohung für die Palästinenser und die gesamte Region". Palästinenserpräsident Jassir Arafat warnte vor den Folgen einer noch härteren Palästinenserpolitik Israels für die ganze Region. Der Vorsitzende der Arbeitspartei, Verteidigungsminister Benjamin Ben-Elieser, hatte am Mittwoch (30.10.02) gemeinsam mit sechs weiteren Ministern seinen Rücktritt eingereicht.

Scharon war nach den Worten Ben-Eliesers nicht bereit, für die Siedlungen eingeplante mehrere hundert Millionen Schekel zur Unterstützung sozial schwacher Gruppen im Lande zu verwenden. Seine Fraktion stimmte daraufhin geschlossen gegen den Haushalt 2003, der dennoch mit einfacher Mehrheit in erster Lesung verabschiedet wurde.

Siedlungen als Friedenshindernis?

Die seit 1967 gebauten israelischen Siedlungen in den Palästinensergebieten gelten als eines der größten Hindernisse für einen Friedensschluss in Nahost. Während USA und Palästinenser einen sofortigen Baustopp fordern, will der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon nur den Bau neuer Siedlungen beenden, die bestehenden jedoch weiter ausbauen.

Nach internationalem Recht ist die Besiedlung durch kriegerische Konflikte besetzter Gebiete mit der Bevölkerung der Besatzungsmacht illegal. Israel argumentiert jedoch, dass die Palästinensergebiete nicht im eigentlichen Sinne "besetztes Gebiet" seien, weil es vor der Eroberung nicht Teil eines modernen staatlichen Gebildes war.

Einheitliches Staatsgebiet kaum herzustellen

Seit der Besetzung im Juni 1967 hat Israel in den Palästinensergebieten mehr als 145 Siedlungen für etwa 200.000 jüdische Israelis gebaut. Etwa 6000 von ihnen leben im Gazastreifen, wo die Siedler rund 40 Prozent des palästinensischen Territoriums okkupieren. An der Besiedlung waren sowohl linke als auch rechte israelische Regierungen beteiligt. Alle Regierungschefs nutzten die Möglichkeit der Besiedlung, nicht zuletzt, um die Ausgangslage Israels bei künftigen Verhandlungen zu verbessern.

Die oft aufwendig gebauten Siedlungen wurden im Westjordanland bewusst so verteilt, dass das Land praktisch "zersiedelt" wurde und ein einheitliches palästinensisches Staatsgebiet kaum mehr herzustellen wäre. Außerdem suchten die israelischen Planer stets die strategisch günstigsten Plätze für den Aufbau neuer Orte aus.