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Unter Feuer

Nina Werkhäuser10. Februar 2003

Deutschland und die Niederlande haben die Führung der internationalen Afghanistan-Truppen übernommen. Die Mission ist nicht ungefährlich: Prompt wurde das Lager der Bundeswehr mit Raketen beschossen.

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In gefährlicher MissionBild: AP

Die ISAF führen? "Nein danke, das wird uns zuviel", hatte es lange in Berlin geheißen, trotz wiederholter Bitten der afghanischen Regierung. Und so führten zunächst die Briten, dann die Türken die multinationale Sicherheitstruppe durch die schwierige Anfangsphase. Erst jetzt wagen sich die Deutschen - gemeinsam mit ihren niederländischen Nachbarn - an diese Verantwortung und werden für sechs Monate politisch und militärisch das ISAF-Kommando in Kabul übernehmen. Einfach ist das nicht. Schließlich sind fast 10.000 Bundeswehr-Soldaten zeitgleich im Auslandseinsatz.

Keimzelle Deutsch-Niederländisches Korps

"Unsere militärischen Mittel sind begrenzt", sagt General Friedrich Riechmann, der von Deutschland aus den Einsatz führt. Der Befehlshaber des Einsatzführungskommandos in Potsdam ist die Schaltstelle zwischen dem Verteidigungsministerium in Berlin und dem Kommandeur der ISAF in Kabul. Dem General ist klar, dass die Bundeswehr allein diese Aufgabe nicht hätte schultern können. "Deswegen sind wir dankbar, dass die Niederländer sich bereit erklärt haben, einen Teil der Last mit zu übernehmen", erklärt Riechmann.

Das deutsch-niederländische Korps in Münster dient dabei als Keimzelle für die gemeinsame Führung. Der bisherige Befehlshaber dieses Korps, General Norbert van Heyst, ist der neue Kommandeur der ISAF in Afghanistan. Er hält alle Fäden in der Hand. Der General führt nicht nur den Truppenverband aus 30 Nationen, er ist auch Ansprechpartner für die afghanische Regierung, die sich stark auf die ISAF stützt, für die UNO und für alle Hilfsorganisationen. Er hält Kontakt mit der US-Armee, die an der Sicherheitstruppe nicht beteiligt ist, aber immer noch in Afghanistan kämpft. Und auch die Verantwortung für die Sicherheit des internationalen Flughafens Kabul liegt nun bei der Bundeswehr.

"Landesverteidigung am Hindukusch"

Rund 80 Flüge mit angemieteten Großraumtransportern sind nötig, um das benötigte Material, unter anderem Fernmeldegerät, 5000 Kilometer weit nach Kabul zu schaffen - eine logistische Großaufgabe. Vor Ort erwartet die bis zu 2500 Bundeswehrsoldaten dann ein unsicheres Umfeld: Raketeneinschläge in der Nähe des deutschen Feldlagers, Warnhinweise auf mögliche Anschläge, gerade im Fall eines Irak-Krieges. "Die Lage ist ungewiss", räumt Riechmann ein, aber "es hat sich soviel entwickelt, dass man von dem einmal eingeschlagenen Weg jetzt nicht ablassen darf."

Die Führungsaufgabe der Bundeswehr ist auf sechs Monate beschränkt, und bisher hat kein anderes Land Interesse an der Nachfolge angemeldet. General Riechmann hofft ebenso wie Verteidigungsminister Peter Struck, dass die Nato die Aufgabe übernehmen wird. Die Einsatzerfahrung in Kabul wirke jedenfalls zurück auf die Bundeswehr zu Hause und verändere ihre Struktur. "Landesverteidigung findet auch am Hindukusch statt", hat Verteidigungsminister Struck diese Entwicklung kürzlich auf den Punkt gebracht.

Lager der Bundeswehr beschossen

Dass diese Landesverteidigung gefährlich ist, bekam Struck am eigenen Leib zu spüren: Der Verteidigungsminister besucht derzeit die deutsche Truppe in Afghanistan. Just als sich Struck im Bundeswehr-Stützpunkt Camp Wharehouse aufhielt, schlugen in der Nähe am Montag zwei Raketen ein. Struck wurde daraufhin in einen sicheren Raum gebracht. Eine der beiden Raketen schlug südlich, die andere westlich des Stützpunktes ein. Die Abschussstelle wurde in einem Dorf in der Nähe des Lagers vermutet.

Der Minister hatte kurz vor dem Beschuss Meldungen über unmittelbar bevorstehende oder geplante Anschläge als übertrieben bezeichnet. Die Lage in Afghanistan sei "zwar nicht
ruhig und stabil". Er sehe aber "keinerlei Grund, anzunehmen, dass die Soldaten und ich besonders gefährdet wären."