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Unternehmen bleiben optimistisch

Richard A. Fuchs
23. Mai 2017

Deutschlands Aufschwung geht weiter - noch besser als zu Jahresbeginn gedacht. Die DIHK-Konjunkturumfrage sagt für dieses Jahr ein Wachstum von 1,8 Prozent voraus. Doch Firmen klagen weiter über Fachkräftemangel.

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Deutschland Ingenieur geht am durch eine Anlage zur Schlackebadvergasungin  in Freiberg
Bild: picture-alliance/dpa/H. Schmidt

Es läuft rund bei der deutschen Wirtschaft - und noch besser als zu Jahresbeginn vorhergesagt. Zu diesem Ergebnis kommt die am Dienstag in Berlin vorgestellte Konjunkturprognose des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK).

"Der Aufschwung verfestigt sich und kommt in der Breite der Wirtschaft an", sagt DIHK-Geschäftsführer Martin Wansleben. Tatsächlich beurteilen die rund 25.000 Mitgliedsunternehmen des Verbands, die an der Umfrage teilgenommen haben, ihre Lage noch besser als zu Beginn des Jahres.

Der DIHK hebt seine Konjunkturprognose um 0,2 Prozentpunkte auf ein Wachstum von 1,8 Prozent in diesem Jahr an. "Hätten wir dieses Jahr so viele Arbeitstage wie im vergangen Jahr, wäre sogar ein Wachstum von 2 Prozent und mehr drin gewesen", sagt Wansleben.

Mehr Jobs, höherer Konsum, weniger Arbeitslose

Martin Wansleben
Er fühlt der Wirtschaft auf den Zahn: Martin Wansleben Bild: picture-alliance/dpa

Ähnlich rosig sieht es für die deutsche Wirtschaft auch in anderen Bereichen aus. Der Beschäftigungsaufbau geht weiter. Die Zahl der Arbeitslosen soll laut Prognose im Laufe des Jahres auf 2,5 Millionen fallen. Im Jahresverlauf wären damit rund 500.000 neue Jobs in Industrie und Handwerk entstanden.

Dank der anhaltenden Niedrigzinsphase zeigen sich die Deutschen zudem in Konsumlaune, sie bleibt in etwa auf Vorjahresniveau. Der Export von Waren und Dienstleistungen soll in diesem Jahr um vier Prozent zulegen, ein Prozentpunkt mehr als im Vorjahr. Stabilisiert wird der deutsche Export vor allem durch eine erfreuliche Entwicklung in den EU-Nachbarstaaten. Vor allem in den Ländern Südeuropas wird nach einer langen Rezession wieder investiert, was die Nachfrage nach deutschen Gütern steigert.

Völlig neu sei, sagt DIHK-Geschäftsführer Wansleben selbst etwas erstaunt, dass der Aufschwung in Deutschland zu gleichen Teilen vom Export und dem privaten Konsum im Inland getragen wird.

Aus Sicht der Unternehmen werden sich die Geschäfte sogar noch verbessern - im Inland ebenso wie im Ausland. Eine absolute Mehrheit der Firmen will mehr investieren und zusätzliche Mitarbeiter beschäftigen.

Eine spürbare Auswirkung der internationalen Krisen lässt sich anhand der aktuellen Einschätzungen noch nicht erkennen. Die Mehrheit setzt auf das Prinzip Hoffnung, wonach es weder zu einem Handelskrieg mit den USA noch zu einer Rückkehr der Eurokrise kommen dürfte.

Ausnahmen sind die Exporte nach Großbritannien und in die Türkei. Hier bremst die politische Lage um Brexit und Verfassungsreferendum schon jetzt das Geschäft deutlich aus.

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Als Nebeneffekt der Flüchtlingskrise boomt die Bildungsbranche wie noch nie. Lehr- und Lernmaterial ist begehrt.Bild: DW/H. Baers

Bildungsbranche, Bau und Industrie profitieren besonders

Einzelne Branchen zeigen sich laut DIHK in Feierlaune. Die Baubranche bewertet ihre Lage derzeit so gut wie noch nie, so der Bericht. "Und ein Ende des Baubooms ist nicht in Sicht", fügt Wansleben hinzu.

Die Bildungswirtschaft profitiert von besonders günstigen Rahmenbedingungen und verdient auch an den staatlichen Mehrausgaben für die Flüchtlingsintegration. Die hiesige Brauwirtschaft erwartet Rekordgewinne, und auch die Hersteller von Investitionsgütern spüren eine stärkere Nachfrage von Unternehmen.

Vergleichsweise trübe ist die Stimmung dagegen im Bankgewerbe, und hier vor allem die kleinen und mittleren Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Ihnen verderben die niedrigen Zinsen der Europäischen Zentralbank das Geschäft, außerdem die digitale Konkurrenz von Finanzdienstleistern aus dem Netz. 

Der Fachkräftemangel wird zur Wachstumsbremse

Trotz der insgesamt guten Stimmung dürfe sich die Politik nicht auf den Erfolgen ausruhen, warnt der DIHK. Das zeige auch das Thema Fachkräftemangel, das von den Unternehmen noch vor den internationalen Krisen als das größte Risiko für künftige Geschäfte angesehen wird.

"Betriebe in weiten Teilen des Landes können nicht mehr wachsen, weil sie kein Personal finden, das die Aufträge abarbeiten kann", sagt Wansleben. Aktuell fehlten bei Industrie und Handwerk mehr als 600.000 Fachkräfte, ergänzt der Chefvolkswirt des Verbands, Dirk Schlotböller: "Ein um 0,5 Prozentpunkte höheres Wachstum wäre möglich."

Deutschland Fachkräftemangel Industrie
Etwa 600.000 Fachkräfte fehlen, sagt der DIHK und rechnet vor: 0,5 Prozent mehr Wachstum wäre drin.Bild: picture-alliance/dpa/M. Reichel

Politische Schocks, etwa ein Handelskrieg mit den USA oder eine Rückkehr der Griechenlandkrise, klammern die Unternehmen derzeit bewusst aus. "Die Wirtschaft hat ein massives Interesse daran, dass Euroland funktioniert", schreibt Wansleben der deutschen Politik ins Hausaufgabenheft.

Für den beginnenden Bundestagswahlkampf ist die Wunschliste der Wirtschaft groß. Man freut sich aber, dass in beinahe allen Wahlprogrammen massive Investitionsprogramme angekündigt werden: in Infrastruktur für Verkehr und Digitales und in Bildung. Selbst eine Unternehmenssteuerreform scheint möglich.

"Es ist super, dass die Politik wieder über Steuern und mögliche Steuerreformen reden will". Hier sei seit 2008 viel zu wenig passiert, kritisiert Wansleben. Wenig Beachtung schenken die Unternehmen derzeit der Bundestagswahl und den Auswirkungen der Flüchtlingskrise. Beide Themen, so scheint es, haben nach Ansicht der Firmen ihre Brisanz verloren. Ob sie damit richtig lagen, wird sich bereits im Herbst zeigen: da will der DIHK seine nächste Konjunkturprognose veröffentlichen.