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Unternehmen mit Herz

Steffen Leidel25. Januar 2003

Wo macht Arbeiten am meisten Spaß? Die EU-Kommission sucht die besten Arbeitgeber in Europa. Die Top 50 in Deutschland wurden bereits ermittelt. Sieger ist die deutsche Tochter des Software-Riesen Microsoft.

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Auch bei Ford soll die Arbeit Freude bringenBild: AP

"Ein großartiger Arbeitsplatz ist, wo man denen vertraut, für die man arbeitet, stolz auf das ist, was man tut, und wo man Gefallen an den Leuten findet, mit denen man zusammenarbeitet." So definierte der Amerikaner Robert Levering, Gründer des Great Place to Work Instituts in San Francisco, den perfekten Arbeitsplatz. Seit 1998 kürt das Institut nach klar vorgegebenen Kriterien jährlich die 100 besten Arbeitgeber in den USA.

Europäische Bestenlisten

Die Idee, Arbeitsstandards durch Wettbewerb zu verbessern, ist nun über den großen Teich geschwappt. Die Europäische Kommission will Ende März die 100 besten Arbeitgeber in der Europäischen Union (EU) prämieren. Zuvor werden dafür in allen 15 Mitgliedsstaaten Bestenlisten erstellt. In Deutschland kümmerte sich das Kölner Markforschungsunternehmen Psychonomics um die Datenerhebung. An über 3000 Unternehmen wurden Fragebögen verschickt, in denen die Mitarbeiter sich unter anderem zu Teamgeist, Fairness, Bezahlung oder über das Management äußern sollten.

Letztendlich stellten sich nur 118 Unternehmen dem Wettbewerb. Der Leiter der deutschen Studie, Frank Hauser, ist trotzdem mit der Teilnahme zufrieden. "In Deutschland ist die Zahl der Teilnehmer am höchsten. Es haben natürlich nur solche Unternehmen mitgemacht, die genau wussten, dass ihre Personalpolitik vorbildlich ist." Hauser ist davon überzeugt, dass bei besserer Konjunkturlage mehr Unternehmen teilgenommen hätten.

Verhalten des Managements entscheidend

Die Befragung der Mitarbeiter sei repräsentativ, versichert Hauser gegenüber DW-WORLD. Die Unternehmensleitung hätte auch keinen Einfluss darauf gehabt, wer mitmachen darf und wer nicht. Klarer Sieger ist Microsoft Deutschland. "Es scheint so, dass die Mitarbeiter das Unternehmen lieben", sagt Hauser. Auf Platz zwei und drei folgen der Baubeschläge-Produzent Siegenia-Aubi und die Beratungsfirma für Informationstechnologie (IT) Skytec. Die Mitarbeiter lobten vor allem die offene und wenig hierarchisch empfundene Führungskultur in den Unternehmen. "Gute Bezahlung ist für die Zufriedenheit nicht unwichtig. Entscheidend ist aber, ob ein Mitarbeiter das Gefühl hat, das Management hat ein aufrichtiges Interesse an seiner Person und sieht ihn nicht nur als Arbeitskraft", sagt Hauser.

Für die Microsoft-Betriebsratsvorsitzende, Doris Schweikl, ist das Ergebnis der Studie ein wahres Abbild der Realität. "Bei uns stehen die Türen des Chefs immer offen", sagt sie zu DW-WORLD. Regelmäßige Meetings und E-Mails aus der Chefetage schaffen Vertrauen. Zwei Mal im Jahr treffen sich alle 1500 Deutschland-Mitarbeiter für zwei Tage zum so genannten "Company-Meeting". Dafür habe Microsoft im vergangenen Jahr kurzerhand das Fußballstadion in Stuttgart gemietet. Auf solchen Treffen referiert dann die Geschäftsleitung, danach spielt die Microsoft-Hausband.

Lockere Atmosphäre wichtig

Gute Stimmung in der Belegschaft herrscht auch beim Software-Dienstleister sd&m, Platz vier auf der Bestenliste. Zum Workshop geht es da schon Mal ins Kloster. Neben lockerer Atmosphäre ist Dirk Taubner, Personalvorstand bei sd&m, Überschaubarkeit wichtig. Das Unternehmen mit seinen 900 Mitarbeitern ist in übersichtliche Geschäftsbereiche mit 50 bis 60 Personen eingeteilt. "So haben wir viel von den Vorzügen eines kleinen Unternehmens bewahrt", so Taubner.

Auf der Bestenliste finden sich auffällig viele Unternehmen aus dem IT-Bereich. Doch auch einige Traditionsunternehmen wie Ford (Platz 12) oder Procter & Gamble (Platz 8) bekamen gute Noten. So bietet Procter & Gamble Mitarbeitern an – wenn es ihre Tätigkeit erlaubt – einen Tag in der Woche von zu Hause aus zu arbeiten. "Dadurch können Frauen mit Kindern leichter Karriere machen", so eine Sprecherin. Nach Ansicht des Betriebsratsvorsitzenden von Ford, Dieter Hinkelmann, habe sich in den vergangenen Jahren auch bei dem Autokonzern vieles verbessert. So gebe es in den Ford-Werken Kinderhorte oder eine "Mobbing-Kommission", die sich bei der Diskriminierung von Minderheiten um Vermittlung bemüht. Die besten Methoden und Konzepte will Psychonomics nun auswerten. "Unser Ziel ist ein Konzept für den idealen Arbeitsplatz", sagt Hauser, Leiter der deutschen Studie.