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Der Hunger in Afrika

3. August 2011

Zehntausende Menschen sind bereits an den Folgen der Hungerkrise in Ostafrika gestorben. Inzwischen wird die Kritik an den afrikanischen Regierungen immer lauter.

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Menschen fliehen aus Somalia (Foto: AP)
Täglich fliehen tausende Menschen aus den HungergebietenBild: AP

In Somalia ist die Not am schlimmsten: Nach Schätzungen der Vereinten Nationen sollen rund 3,5 Millionen Menschen dort von der Hungerkrise bedroht sein. An die 400.000 Menschen haben mittlerweile Schutz im Flüchtlingslager Dadaab im Nachbarland Kenia gesucht. Täglich kommen etwa 1300 Flüchtlinge dazu.

Sie finden in dem derzeit größten Flüchtlingslager der Welt kaum noch Platz - und können vor allen Dingen kaum noch versorgt werden. Um so weniger können viele die Reaktionen der kenianischen Regierung nachvollziehen. Nach Angaben des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR) habe sie den Bau eines weiteren Lagers behindert, in das die Flüchtlinge aus den überlasteten Camps in Dadaab umgesiedelt werden sollten.

Furcht vor weiteren Flüchtlingen

Ein Kind wird in einer Notfallstation gewogen (Foto: dapd)
Unterernährt: Ein Kind wird in einer Notfallstation gewogenBild: dapd

Christoph Jaeger, Berater für Frieden und Versöhnung und langjähriger Mitarbeiter der Vereinten Nationen in Kenia, vermutet, "dass Kenia sehr zögerlich ist, hier weiteren Anreiz zu geben, weil dann die Flut der Flüchtlinge noch größer wird." Im Nordosten Kenias und auch in der Hauptstadt Nairobi gebe es bereits sehr große somalische Bevölkerungsgruppen. "Insofern könnte ich mir vorstellen, dass man zögert, dieses neue Lager zu öffnen, das laut Presseberichten schon ganz gut ausgerüstet ist, weil es noch größere Flüchtlingszahlen anzieht", so Jaeger.

Auch aus der kenianischen Zivilgesellschaft kommt Kritik: Man fordert ein schnelleres und effektiveres Vorgehen in der aktuellen Hungerkrise, die ja nicht nur Somalia, sondern auch weitere Länder Ostafrikas trifft. In Äthiopien, Dschibuti, Uganda, Sudan und eben auch in weiten Teilen Kenias leiden die Menschen bereits unter der Hungersnot und sind dringend auf Hilfe angewiesen.

"Das Problem bei der Wurzel packen"

Auspacken von Hilfsgütern (Foto: dapd)
Die Hilfspakete reichen bei weitem nicht für die Versorgung der Hungernden ausBild: dapd

Mit Ida Odinga, der Frau des kenianischen Ministerpräsidenten Raila Odinga, wandte sich jetzt eine prominente Stimme an die Öffentlichkeit. "Die Kenianer wurden in guten Zeiten vor der bevorstehenden Dürre gewarnt. Ich glaube, wir hätten diese Situation, wo Menschen ums Leben kommen, vermeiden können." Man müsse das Problem endlich bei der Wurzel packen, fordert Odinga.

Doch wie lässt sich das Problem Hunger bei der Wurzel packen? Und warum beginnt man erst jetzt, sich darüber Gedanken zu machen? Langfristige Strategien müssen her, fordert Ida Odinga. Beim Thema Nahrungssicherheit müsse man Experten zu Rate ziehen, die sich damit beschäftigten, wie die Kenianer auch in nächsten Jahren das Essen auf den Tisch bekämen. Kurzfristige Maßnahmen reichten nicht aus.

Das bestätigt auch der Kenia-Experte Christoph Jaeger. Er glaubt, dass nur Kenia und die anderen ostafrikanischen Staaten mit ihren Hilfsversuchen für die Hungernden derzeit nicht mehr viel ausrichten können. "Bei diesen Größenordnungen fürchte ich, dass alles was die tun könnten, ein Tropfen auf den heißen Stein ist."

"Zu sehr mit eigenen Problemen beschäftigt"

Ein Tropfen auf den heißen Stein: Eine halbe Million US-Dollar hat die Afrikanische Union (AU) für die Bekämpfung der Hungersnot bisher gerade mal zusammentragen können. Nach Angaben der Vereinten Nationen sind aber rund zweieinhalb Milliarden US-Dollar nötig, um den insgesamt 12 Millionen Betroffenen in der Region zu helfen. Die AU hatte für die kommende Woche zwar eine Geberkonferenz in Addis Abeba angekündigt, zu der neben afrikanischen Staatschefs auch Vertreter der Industrienationen eingeladen werden sollen. Das Treffen wurde allerdings mittlerweile wieder verschoben.

Dürre in Äthiopien (Foto: dpa)
Weite Teile Ostafrikas sind von Dürre betroffenBild: picture-alliance/dpa

Die Staaten Ostafrikas seien gerade zu sehr mit ihren eigenen Problemen beschäftigt, als dass sie anderen Staaten helfen könnten, erklärt Abdi Osman. Der gebürtige Somali engagiert sich mit dem Verein "Wir für Somalia" aus Deutschland für sein Heimatland. "Wir Somalis wünschen uns für die Zukunft, dass wir gemeinsam mit unseren Nachbarländern, insbesondere Äthiopien und Kenia, eine regionale Zusammenarbeit aufbauen. In Fragen der Sicherheit, in Fragen der Wirtschaftszusammenarbeit." So könne man langfristig etwas dafür tun, die Überlebensmöglichkeiten am gesamten Horn von Afrika zu sichern.

An Vorschlägen, wie man künftigen Hungerkatastrophen vorbeugen könnte, mangelt es in Ostafrika nicht. Was davon in Zukunft tatsächlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Doch viele Menschen in der Region wollen nicht länger abwarten, bis die Politiker handeln. Mehr als umgerechnet 500.000 Euro haben kenianische Bürger in wenigen Tagen zusammengetragen. Damit folgten sie einer von Mobilfunkanbietern angestoßenen Initiative: Kenianer für Kenia.

Autorin: Katrin Ogunsade
Redaktion: Stefanie Duckstein