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Unterschriften gegen Berlusconis Immunitätsgesetz

Kirstin Hausen13. Oktober 2008

Silvio Berlusconi ist zurück im Amt des Ministerpräsidenten und mit ihm maßgeschneiderte Gesetze. Den wichtigsten Ministern wird vollkommene Straffreiheit während ihrer Amtszeit garantiert.

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Der lachende Silvio Berlusconi (11.04.2008/AP)
Silvio Berlusconi hat gute Laune. Sein Immunitätsgesetz, dass die wichtigsten Minister vor Strafen rettet, schützt auch ihn vor Prozessen.Bild: AP

Der umstrittene „Lodo Alfàno“ verstößt, so haben Verfassungsrechtler in einer Protestnote erklärt, eindeutig gegen den Gleichheitsgrundsatz in der italienischen Verfassung. Zumal er nicht durch eine Parlamentsmehrheit aufgehoben werden kann.

Das Volk begehrt auf

Das sagt auch der ehemalige Staatsanwalt und Chef der Oppositionspartei „Italien der Werte“, Antonio di Pietro, der das Gesetz mit Hilfe eines Referendums zu Fall bringen will. Um ein Volksbegehren auf den Weg zu bringen, braucht er mindestens 500.000 gültige Unterschriften. Die sollen seine Parteimitglieder ab Samstag in ganz Italien sammeln.

„Unsere Demokratie und unsere Verfassung sind in Gefahr“ sorgt sich Jole Garuti, eine pensionierte Lehrerin. Sie ist parteilos, aber politisch interessiert und sozial engagiert. Sie wird nicht nur für das Volksbegehren gegen Berlusconis Immunitätsgesetz unterschreiben, sondern auch einen Unterschriftenstand betreuen. Ehrenamtlich.

Partei der Werte

„Es ist absolut notwendig, sich persönlich einzusetzen, damit die Sache Sinn hat“, meint Jole Garuti. Die energische Dame mit der wild gemusterten Jacke und rot gefärbten Haaren ist eine von circa 80 Freiwilligen in der Provinz Mailand.

Die meisten anderen sind Mitglieder der Partei „Italien der Werte“, die die Unterschriftensammlung organisiert. Parteisekretär Vito Giannuzzi ist sich sicher, dass genügend Leute mitmachen. Das Problem bestehe eher darin, die Öffentlichkeit für das Thema zu interessieren.

Finanzkrise vor Berlusconi

Die Waage als Symbol von Justitia - Göttin der Gerechtigkeit
Berlusconis Probleme mit der Justiz sind bekanntBild: Illuscope

Berlusconis Probleme mit der Justiz sind hinlänglich bekannt. Viele haben das Thema einfach satt oder sind mit ganz anderen Fragen beschäftigt. Was wird in der Finanzkrise aus meinen Ersparnissen? Wovon bezahle ich die nächste Stromrechnung?

Italiens Wirtschaft stagniert seit fast zehn Jahren und wird laut aktuellen Prognosen sogar in die Rezession abrutschen. Die Preise sind stark gestiegen, die Gehälter nicht. „Im Grunde müssten doch alle merken, dass die Regierung ihre Versprechen nicht gehalten hat und dass sich die Lage immer weiter verschlechtert“ meint Jole Garuti mit einem Kopfschütteln.

Doch die weltweite Finanzkrise überdeckt vieles und Berlusconi wird nicht müde, zu betonen, wie wichtig das Immunitätsgesetz für die politische Stabilität des Landes ist. Aber „Mit diesem Gesetz sind vor Gericht nicht mehr alle gleich“, erklärt Vito Gianuzzi von der Oppositionspartei „Italien der Werte“.

Legale Straftaten?

„Niemandem darf es erlaubt sein, Straftaten zu begehen, auch nicht den vier höchsten Amtsträgern des Staates“, sagt Gianuzzi. Die bereits begangenen Straftaten, wegen denen ein der Amtsträger vor Gericht stehe, müssten geahndet werden.

Gemeint ist Silvio Berlusconi, der in Mailand unter anderem der Bestechung angeklagt ist. Das momentan geltende Immunitätsgesetz würde ihn eigentlich davor schützen. Weil aber die Richter das Gesetz für verfassungswidrig halten und es zur endgültigen Prüfung an das Verfassungsgericht weitergeleitet haben, wurde sein Prozeß nicht beendet, sondern nur ausgesetzt.

Solange warten, bis die Verfassungshüter ihr Urteil fällen, wollte der ehemalige Staatsanwalt Antonio di Pietro aber nicht. Er ruft die Bürger auf, ein Urteil über das Immunitätsgesetz zu fällen.

Berlusconi zeigt sich einen Vogel(15.04.2008/AP)
Berlusconi bekommt Gegenwind von der Opposition. Laufende Prozesse gegen ihn sind bislang nur ausgesetzt, nicht beendet.Bild: AP
„Um die Richter zu stoppen, ist wohl jedes Mittel recht. Was bleibt uns anderes übrig, als die Bürger in die Pflicht zu nehmen?“ fragt er rhetorisch. Unterstützung bekommt er von den Grünen und den Kommunisten, die nicht mehr im Parlament vertreten sind. Sie werden bei der landesweiten Unterschriftensammlung mit Geld und Freiwilligen aushelfen.

Die demokratische Partei, die größte Oppositionspartei, bezieht dagegen nicht eindeutig Stellung. Zwar haben führende Mitglieder angekündigt, für das Volksbegehren zu unterschreiben, offiziell mittragen will die Partei das Referendum aber nicht. Hintergrund ist die Angst des Oppositionsführers Walter Veltroni, als ewiger Ankläger von Berlusconi wahrgenommen zu werden.