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"Sprecht, Ihr sieben Meere..."

22. Juni 2011

Der Waliser Huw Watkins sorgte in Heimbach als "Composer in Residence" für Furore: Die Uraufführung seines Werkes "Speak seven Seas" beim Kammermusikfest bescherte ihm Standing Ovations.

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Blick auf das imposante Jugendstil-Wasserkraftwerk in Heimbach / Eifel (Foto: Marita Berg für DW)
Klassik im KraftwerkBild: DW

Einmal im Jahr treffen sich Klassikmusiker und ihre Fans in Deutschlands schönstem Jugendstilkraftwerk im idyllischen Eifelörtchen Heimbach. Seit 1998 veranstaltet der Kunstförderverein Kreis Düren hier im Juni ein einwöchiges Kammermusikfest unter dem treffenden Namen "Spannungen". Zwischen alten Turbinen, glänzenden Messinginstrumenten und Art-Deco-Lampen lauscht dann ein gebanntes Publikum international renommierten Künstlern. Auch in diesem Jahr hat der künstlerische Leiter Lars Vogt ein anspruchvolles Programm zusammengestellt, und erneut hatte er einen "Composer in Residence" eingeladen.

"Wer kann da schon nein sagen..."

Lars Vogt im Kraftwerk Heimbach (Foto: L.P. Johannsen@ Spannungen)
Lars Vogt im SpannungsfeldBild: L.P.Johannsen

In diesem Jahr fiel seine Wahl auf den jungen walisischen Pianisten und Komponisten Huw Watkins, auf den Lars Vogt durch einen Zufall aufmerksam geworden war. "Ich habe ihn als Pianisten in einem eigenen Stück in einer BBC-Sendung über die 'Proms' gehört", erzählt er, "und ich war direkt fasziniert: so ein junger Kerl und schon so eine Komponistenpersönlichkeit! Mir war klar, dass ich den unbedingt als Composer in Residence und als Pianisten nach Heimbach einladen wollte."

Verbunden mit einer solchen Einladung ist natürlich auch die Vergabe eines Kompositionsauftrags. Und die Zusage des Komponisten ließ nicht lange auf sich warten: "Heimbach hat auch bei uns in Großbritannien den Ruf, ein erstklassiges Kammermusikfestival zu sein", erklärt Huw Watkins. "Geniale Konzertprogramme und viele der besten Musiker der jüngeren Generation: Wer kann da schon nein sagen!"

Gefragter Komponist und Pianist

Huw Watkins (Foto: Arena Pal/Hanya Chlala Schott Music GmbH & Co KG)
Huw WatkinsBild: Arena Pal/Hanya Chlala

Huw Watkins, Jahrgang 1976, ist vor allem in Großbritannien sowohl als Pianist als auch als Komponist gefragt, etwa als Klavierpartner des Geigers Daniel Hope oder als Hauskomponist des renommierten "Nash Ensemble of London". Einen ersten Durchbruch feierte der Waliser 1999 mit der Uraufführung seiner Sonate für Cello und acht Instrumente. Damals schrieb die britische Zeitung "The Times": "Mit seinen 22 Jahren ist Huw Watkins bereits ein Komponist, den man beachten sollte."

Einer größeren Öffentlichkeit wurde er vor allem durch die Uraufführung seiner Werke bei den "BBC Proms" bekannt. So wurde 2005 dort sein Doppelkonzert für Viola, Cello und Orchester vorgestellt und 2010 sein Violinkonzert. Im Mittelpunkt seines Schaffens aber steht die Kammermusik. Zahlreiche Werke sind für Künstler entstanden, mit denen er als Pianist eng zusammenarbeitet, darunter die Cello-Sonate für seinen Bruder Paul Watkins oder seine Partita für die Geigerin Alina Ibragimova.

Sinnlich, sanft und kraftvoll

Lars Vogt und die Geschwister Tanja und Christian Tetzlaff proben zwischen antiken Turbinen in der Maschinenhalle des Kraftwerks (Foto: Marita Berg für DW)
Proben im WasserkraftwerkBild: DW

In seinen Kammermusikwerken spielt er immer wieder mit ungewöhnlichen und ganz unterschiedlichen Klangkombinationen, etwa in seiner "Gig" für Flöte, Klarinette, Harfe und Streichquartett oder in den "Fanfares" für Sopransaxofon und Klavier. Und nachdem Huw Watkins zuletzt ein erfolgreich uraufgeführtes Trio für Violine, Horn und Klavier geschrieben hat, wählte er auch für Heimbach eine Triobesetzung, mit der vielleicht noch reizvolleren und sehr sinnlichen Verbindung von Klarinette, Viola und Klavier: übrigens eine Besetzung, die erstmals Mozart in seinem berühmten Kegelstatt-Trio für sich entdeckte.

"Diese Instrumente mischen sich so wundervoll", meint Huw Watkins. "Vor allem die Klarinette mit ihren Farben kann so viele verschiedene Charaktere verkörpern." Als Huw Watkins hörte, dass die Uraufführung seines Stücks in einem Wasserkraftwerk stattfinden würde, war ihm sofort klar, dass in seinem neuen Trio für Heimbach Wasser eine Hauptrolle spielen musste. "Ich wollte irgendwie den steten Fluss des Wassers beschreiben und vor allem wie verschieden Wasser sein kann, wie kraftvoll, aber auch wie sanft." Als er dann einen Vers des Gedichts "Author's Prologue" von seinem Waliser Landsmann Dylan Thomas entdeckte, hatte Huw Watkins auch schon einen passenden Titel für sein neues Trio gefunden: "Speak seven Seas - Sprecht, Ihr sieben Meere".

Eine neue Wassermusik

Publikum im Kraftwerk Heimbach (Foto: H. Müllejans@ Spannungen)
AusverkauftBild: Müllejans

Und tatsächlich durchzieht das Thema "Wasser" das ganze Stück, vom sanften Plätschern am Strand bis hin zum Meeresrauschen und den sturmgepeitschten Wellen auf hoher See. "Ich liebe einfach Wasser in jeglicher Form", erzählt Huw Watkins, "das ruhige Fließen ebenso wie die tosende See."

Und so kann man mit seiner "Wassermusik" quasi eine Seereise unternehmen, eine Reise, die mal sehr ruhig, mal sehr heftig, auf jeden Fall aber immer spannend verläuft. Das wurde den Besuchern in der ausverkauften Maschinenhalle des Kraftwerks schon bei den ersten impressionistisch-romantischen Takten klar: "Das Stück beginnt im Klavier mit dem leisen Schwappen des Wassers ans Ufer. Dann geht's immer weiter raus auf's Meer - und da kann der Hörer dann eben auch stürmischere Zeiten erleben", erklärt Huw Watkins mit einem verschmitzten Lächeln. Und genau das zeichnet "Speak seven Seas" aus: Die atmosphärische dichte Stimmung und die kontrastreiche Sprache - von lyrischen, beinahe impressionistischen Tönen bis hin zu rasanten Klangkaskaden - bilden einen fesselnden Spannungsbogen, der im Heimbacher Wasserkraftwerk für Standing Ovations sorgte.

Autorin: Marita Berg
Redaktion: Suzanne Cords