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Urteil gegen CIA-Agenten in Italien

5. November 2009

Der Prozess wegen der Verschleppung eines islamistischen Imams aus Mailand durch Agenten der CIA und des italienischen Geheimdienstes hat mit einem Schuldspruch und Haftstrafen für fast alle Angeklagten geendet.

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Abu Omar wurde von der CIA entführtc (Foto: dpa)
Abu Omar wurde von der CIA entführtBild: picture-alliance/dpa

"Dieser Prozess hat bewiesen, dass rechtsstaatliche Prinzipien auch bei der Behandlung von Terrorverdächtigen beachtet werden müssen", freut sich der Mailänder Staatsanwalt Armando Spataro am Tag nach dem Urteil. Zwei Jahre dauerte der Prozess gegen Agenten des CIA und des italienischen Militärgeheimdienstes und immer wieder war seine Fortführung fraglich.

Politischer Druck

Richter Oscar Magi verhängte Haftstrafen gegen abwesende Angeklagte (Foto: AP)
Richter Oscar Magi verhängte Haftstrafen gegen abwesende AngeklagteBild: AP

Der Staatsanwalt geriet bereits bei den Vorermittlungen zum Prozess unter politischen Druck. Die Regierung von Silvio Berlusconi wollte den Fall nicht an die Öffentlichkeit gelangen lassen und dementierte schon im Sommer 2004, als die Entführung des Mailänder Imams Abu Omar, bekannt wurde, dass sie etwas von der illegalen Operation der CIA in Mailand gewusst habe. Der Ägypter Abu Omar wurde am 17. Februar 2003 auf der Straße aufgegriffen und in einen Lieferwagen gezerrt. Abu Omar hatte in Italien politisches Asyl erhalten, weil er nach eigenen Angaben als Mitglied der radikal islamischen Moslembruderschaft in seinem Heimatland verfolgt wurde. Der amerikanische Geheimdienst CIA verdächtigte den Ägypter der Zusammenarbeit mit dem Terrornetz Al-Kaida. "Die Geschichte von Abu Omar ist die Geschichte eines Mannes, der der italienischen Justiz gewaltsam entzogen wird, um in Ägypten verhört zu werden. Das ist das Gegenteil von dem, was in einem Rechtsstaat passieren darf", kritisiert der ehemalige italienische Europaabgeordnete Claudio Fava.

Prozesseröffnung und Staatsgeheimnis

Dick Marty erstellte einen Bericht über CIA-Aktivitäten für den Europarat (Foto: dpa)
Dick Marty erstellte einen Bericht über CIA-Aktivitäten für den EuroparatBild: picture alliance/dpa

Die italienische Öffentlichkeit reagierte empört, als dann auch noch die Teilnahme italienischer Geheimdienstagenten an der Entführung bekannt wurde. Im Juni 2007 erhob die Mailänder Staatsanwaltschaft Anklage gegen die CIA-Agenten, den damals amtierenden Chef des italienischen Militärgeheimdienstes Nicolo Pollari, seinen Stellvertreter und zwei Mitarbeiter. "Dieser Prozess war nur möglich, weil wir in Italien eine unabhängige Justiz haben" sagt Claudio Fava. Um das Gerichtsverfahren zu beenden, bevor es zu einem Urteil kommt, beriefen sich sowohl Regierungschef Silvio Berlusconi als auch der von 2006 bis 2008 amtierende Ministerpräsident Romano Prodi, Chef einer Mitte-Links-Koalition, auf das Staatsgeheimnis. Doch zwischenzeitlich war der Europarat auf den Fall Abu Omar aufmerksam geworden und verlangte eine Untersuchung. Als Sonderermittler wurde der Schweizer Jurist Dick Marty eingesetzt. Er hat sich die Beweise, die die Staatsanwaltschaft in Mailand gesammelt hat, angesehen und festgestellt: "Diese Entführung von Abu Omar war keine Einzeltat, es gibt eine Technik, Logistik, eine perfekte Organisation."

Marty-Bericht sorgte für Aufsehen

Das System der illegalen Verschleppung von Terrorismusverdächtigen nach Osteuropa oder Nordafrika kam durch den Marty-Bericht des Europarates in seiner ganzen Tragweite ans Licht der Öffentlichkeit. "Regie führte der amerikanische Geheimdienst CIA, aber er konnte auf die Hilfe und das Einverständnis der europäischen Geheimdienste zählen", so Marty.

Heute sind die fragwürdigen Praktiken des US-Geheimdienstes im Kampf gegen den Terror, wie sie die Regierung Bush guthieß, hinlänglich bekannt und mit Barack Obama sitzt ein neuer Präsident im weißen Haus. Trotzdem hat der Fall Abu Omar die Beziehungen zwischen Italien und den USA belastet. Der Historiker und Geheimdienstexperte Giuseppe de Lutiis sieht den Ball jetzt bei den Amerikanern: „Die USA sind es, die einen klaren Strategiewechsel kommunizieren müssen. Die Geheimdienste haben natürlich kein Interesse daran, ihr Wissen preiszugeben.“Bisher scheint jedoch auch unter Obama der politische Willen zu fehlen, der eine lückenlose Offenlegung des CIA-Geheimprogramms ermöglichen würde. Die amerikanischen Medien berichten ausführlich über das Urteil, das alle angeklagten CIA-Agenten schuldig spricht. Nur zwei Botschaftsmitarbeiter entgehen wegen ihres Diplomatenstatus einer Verurteilung. Staatsanwalt Armando Spatàro will dagegen jetzt Berufung einlegen.

Die angeklagten Agenten wurden in Abwesenheit verurteilt. Die US-Regierung kündigte an, sie erwarte, dass gegen das Urteil auch von den Beklagten Berufung eingelegt werde.

Autorin: Kirstin Hausen

Redaktion: Bernd Riegert