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US-Firmen fordern Reformen in Deutschland

Sabine Kinkartz16. März 2013

Ford, IBM, ExxonMobil – US-amerikanische Firmen haben in Deutschland rund 130 Milliarden Euro investiert. Das lässt annehmen, Deutschland sei ein attraktiver Standort. Aber ist das auch so?

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Firmen-Schriftzug auf dem Dach eines McDonalds-Restaurants (Foto: dapd)
Bild: AP

Einmal im Jahr fragt die amerikanische Handelskammer (AmCham) US-Firmen in Deutschland, wie sie die Lage in der Bundesrepublik einschätzen. 58 Unternehmen haben sich an der Umfrage namens "AmCham Business Barometer" beteiligt. Zusammen erwirtschaften diese Firmen rund 95 Milliarden Euro pro Jahr am Standort Deutschland und beschäftigen etwa 240.000 Menschen.

Nach einem durchschnittlichen Jahr 2012 blicken sie optimistisch auf 2013. "Das wirklich positive an dieser Studie ist, dass US-Investoren nicht nur an eine positive Entwicklung in Deutschland glauben, sondern auch ihre Geschäftspläne und ihre Strategien darauf aufbauen", sagt Bernhard Mattes, Vize-Präsident der AmCham Germany. "Das drückt Zuversicht aus, dass das Geschäft am Standort Deutschland weiter entwickelt werden kann."

Deutschland ruht sich aus

Zwei von drei Firmen gehen von steigenden Umsätzen aus. Mehr als ein Drittel rechnet sowohl mit Neuinvestitionen als auch mit Neueinstellungen. Die Unternehmen seien von der inneren Stärke des Standorts Deutschland beeindruckt, meint Mattes.

Der Vorsitzende der deutschen Geschäftsführung des Autoherstellers Ford, Bernhard Mattes (Foto: dpa)
AmCham-Vize Bernhard Mattes ist auch Chef von Ford DeutschlandBild: picture-alliance/ dpa

Der Blick in die weitere Zukunft ist allerdings nicht ganz ungetrübt. US-Investoren stören sich offenbar an einer aus ihrer Sicht verbreiteten Selbstzufriedenheit in der größten europäischen Volkswirtschaft. Das, so sagt Klaus Fuest von der Unternehmensberatung Roland Berger, die die Umfrage im Auftrag der Handelskammer durchgeführt hat, sei auch in den persönlichen Gesprächen mit den Unternehmern deutlich geworden: "Investoren sagen, Deutschland ist erfolgreich, aber Deutschland ruht sich im Moment eben auch etwas aus."

Die Bundesrepublik sei sehr gut durch die Krise gekommen, man könnte sie fast als Krisengewinner bezeichnen, so Fuest. Deutschland habe eine starke industrielle Basis, sei Exportweltmeister und habe die Exporte aus dem letzten Jahr sogar noch einmal getoppt: "Alles das ist wunderbar, aber es passiert zu wenig. Wir laufen wieder in die Falle hinein, in die wir schon einmal Ende der 1990er Jahre gelaufen sind."

Mehr Bildung, weniger Bürokratie

85 Prozent der amerikanischen Firmen sehen einen hohen oder sehr hohen Reformdruck auf Deutschland, um im internationalen Wettbewerb mithalten zu können. Staat und Wirtschaft müssten sich weiter entwickeln, meint AmCham-Vize Bernhard Mattes. Reformpolitik sei nichts, was man heute beginne und morgen abschließe, sondern es sei ein kontinuierlicher Prozess.

Ganz oben auf der Liste steht die Forderung nach besseren Schulen in einem stärker zentralisierten System. Viele Absolventen seien nicht bereit für Ausbildung und Beruf. Zudem seien die Ausbildungszeiten so lang, dass das anfangs Gelernte bei Berufsstart schon veraltet sei. US-Investoren stören sich außerdem an der Bürokratie in Deutschland und sie fordern mehr qualifizierte Zuwanderung, um dem Fachkräftemangel zu begegnen.

Abschreckende Energiepreise

Viele Gedanken machen sich die Amerikaner aber auch über die steigenden Energiepreise in Deutschland. Industrien, die ein hohes Maß an Energie für die Erzeugung ihrer Güter in Deutschland brauchten, würden überlegen, ob sie diese Standorte in Deutschland erhalten oder gar neue Standorte eröffnen, erklärt Bernhard Mattes: "In der Umfrage zeigt sich das bei der abgefragten Investitionsbereitschaft. Da gibt es Tendenzen, sich mit den Investitionen in Deutschland zurückzuhalten und an andere Standorte zu gehen. Das ist gefährlich und dem muss man entgegenwirken."

Aus amerikanischer Sicht sei Deutschland nur Teil eines europäischen Standortes. Bei der Entscheidung, ob in Deutschland, Frankreich, Italien, oder einem anderen europäischen Land investiert werde, stünden nationale Grenzen in der Regel nicht im Fokus, erklärt Mattes. Es komme weitaus mehr auf die Bedingungen an, die an den jeweiligen Standorten herrschten.