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US-Kritik an Ausreiseaufforderung

12. Juli 2014

"Wutanfall" und "gekünstelte Empörung" - in den USA wächst die Kritik am deutschen Umgang mit der Spionage-Affäre. Die US-Regierung forderte von Deutschland, das Thema intern und nicht durch die Medien zu diskutieren.

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Die US-Flagge weht über der US-Botschaft in Berlin. Im Hintergrund ist der Reichstag zu sehen (Foto: dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Die offizielle deutsche Ausreiseaufforderung an den obersten US-Geheimdienstler sorgt für Wirbel auf der anderen Seite des Atlantiks. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses im Repräsentantenhaus, Mike Rogers, sprach von einem "Wutanfall" der Bundesregierung. Die Aufforderung an den CIA-Mann, Deutschland zu verlassen, sei "etwas, was wir von den Russen, den Iranern und Nordkoreanern erwarten, nicht etwas, was wir von den Deutschen erwarten", sagte er dem Fernsehsender CNN. Zugleich warf Rogers den Deutschen indirekt vor, iranische und russische Top-Spione im Land zu tolerieren. "Ich sehe keine Interesse, diese Chefs rauszuwerfen," sagte der US-Politiker.

Scharfer Kommentar im "Wall Street Journal"

Auch in den US-amerikanischen Medien herrscht Kopfschütteln. Scharfe Kritik an der schroffen Berliner Reaktion äußerte etwa das "Wall Street Journal". Dort war in einem Kommentar von "gekünstelter Empörung" die Rede. Die Bundesregierung wisse, dass auch befreundete Staaten sich gegenseitig ausspionierten. Deutschland habe etwa zu Russland und dem Iran engere Beziehungen als die meisten anderen westlichen Länder.

"Die USA müssen diese Beziehungen verstehen, und dazu braucht es Geheimdienste", heißt es und weiter: "Die USA würden unverantwortlich handeln, wenn sie deutsche Regierungsbeamte nicht aushorchen würden."

Washington ist verstimmt

Die US-Regierung hält sich mit offizieller Kritik an der deutschen Ausreiseaufforderung zwar zurück. Denn auch in der Sache selbst, bezüglich der mutmaßlichen US-Spionage in Deutschland, heißt die Linie des Weißen Hauses: kein Kommentar. Doch zwischen den Zeilen wird deutlich: in Washington ist man verstimmt. Insbesondere über den großen öffentlichen Wirbel um die Ausreiseaufforderung an den CIA-Chef in Deutschland.

So sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Josh Earnest, "Differenzen" im Bereich der Geheimdienste sollten über "bewährte private Kanäle" und nicht über die Medien beigelegt werden. Earnest deutete außerdem an, dass auch Washington die deutsche Reaktion auf die Spionagevorwürfe für überzogen hält. "Verbündete mit hochentwickelten Geheimdiensten wie die USA und Deutschland haben eine ziemlich genaue Vorstellung davon, was diese nachrichtendienstlichen Beziehungen und Aktivitäten beinhalten", so der Sprecher des Weißen Hauses.

Er betonte, dass die Zusammenarbeit der Geheimdienste beider Länder und der Austausch von Informationen weitergehe. Die "starke und dauerhafte" Sicherheitspartnerschaft zwischen Deutschland und den USA werde "trotz der berichteten Differenzen" fortgesetzt.

Josh Earnest im Presseraum des Weiße n Hauses (Foto: ap)
Josh Earnest: Diplomatische Kritik aus dem Weißen Haus.Bild: picture alliance/AP Photo

USA ziehen CIA-Mann vermutlich ab

Die Ausreiseaufforderung selbst wollte man im Weißen Haus weiterhin nicht bestätigen. Die US-Regierung beantworte grundsätzlich keine Fragen zu Mitarbeitern des Auslandsgeheimdienstes CIA, hieß es. Allerdings wird der Top-Geheimdienstler vermutlich aus Deutschland abgezogen. Washington respektiere die "Wünsche" der deutschen Regierung bei der Akkreditierung von Diplomaten, hieß es in bester Diplomatensprache.

Nach Informationen der "Washington Post" handelt es sich bei dem Mann um einen altgedienten Agenten, der unter anderem in der Europaabteilung im CIA-Hauptquartier eingesetzt war und auch Deutsch spricht. Laut "New York Times" war er seit rund einem Jahr auf dem Posten in Berlin. Die Bundesregierung hatte den obersten US-Geheimdienstler am Donnerstag offiziell zur Ausreise aufgefordert. Hintergrund der Entscheidung waren sowohl die NSA-Affäre als auch zwei mutmaßliche Fälle von US-Spionage beim Bundesnachrichtendienst und im Verteidigungsministerium.

cw/ml (dpa, afp)