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US-Menschenrechtsbericht kritisiert Polizeiübergriffe in Tschechien

8. März 2002

– Justizminister: "Bericht beruht eindeutig auf falschen Informationen"

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Prag, 7.3.2002, RADIO PRAG, deutsch

Die Tschechische Republik beachte die Menschenrechte, aber in einigen Bereichen gebe es weiterhin Probleme, so heißt es im neuen Jahresbericht über die Einhaltung der Menschenrechte in der Welt, den das amerikanische Außenministerium alljährlich herausgibt.

Ganz oben auf der Liste der von den selbsternannten amerikanischen Menschenrechtshütern in der Tschechischen Republik kritisierten Verstöße stehen Polizeiübergriffe - will heißen: Gewalt von Polizisten gegenüber Demonstranten oder auch Inhaftierten. Zitiert werden laut Angaben der Nachrichtenagentur CTK auch konkrete Beispiele aus Ostrau, Brünn und weiteren tschechischen Städten. Besonders erwähnt wird der Quelle zufolge auch das gewalttätige Vorgehen einiger Polizisten gegen die demonstrierenden Gegner des IWF- und Weltbanktreffens in Prag im September 2000.

Innenminister Stanislav Gross reagierte in einer ersten Stellungnahme wie folgt:

"Die tschechische Polizei ist auf dem gleichen professionellen Niveau wie die Polizeikräfte in den anderen hochentwickelten Staaten. Was aber selbstverständlich nicht bedeutet, dass es nicht - genauso wie in den anderen Staaten - auch hierzulande zu einzelnen Stressreaktionen kommen kann. Wenn so etwas allerdings passieren sollte, dann wird das auch untersucht."

Gross betonte, dass es in der Tschechischen Republik weder gewöhnlich noch oft zu gewalttätigen Übergriffen von Seiten der Polizei komme.

Im Abschnitt über die Pressefreiheit wird das Vorgehen der tschechischen Regierung gegen einzelne Journalisten, wie z.B. deren Klage gegen den Herausgeber der Zeitung "Respekt", Petr Holub, beanstandet.

Auch die zwar verbesserte, aber immer noch nicht zufriedenstellende Situation der Roma-Minderheit in Tschechien, die verbreitete Prostitution und der Frauenhandel sind als problematisch angeführt.

Der Bericht stellt des weiteren heraus, die tschechische Justiz arbeite weiterhin zu langsam und dies sowohl wegen struktureller und prozeduraler Mängel als auch wegen fehlender Finanzmittel. Dies rief bei Justizminister Pavel Bures am Dienstag (5.3.) Empörung hervor. Mit den Worten "der Bericht beruht eindeutig auf falschen Informationen", lehnte er die Kritik an schleppenden Justizreformen entschieden ab.

Pavel Bilek vom tschechischen Helsinki Komitee meint, verschiedene Unzulänglichkeiten im hiesigen Justizsystem seien mit der seit dem 1. Januar 2002 gültigen neuen Strafrechtsordnung ausgeräumt - fügt allerdings an:

"Im Hinblick auf die Novelle der Strafrechtsordnung erwartet man eine deutliche Entlastung der überfüllten Haftanstalten und eine Beschleunigung der Gerichtsverfahren. Das ganze System wird sich in den nächsten zwei Jahren aber erst einmal einspielen müssen."

"Radio Prag" bat die Presseabteilung des Innenministeriums, den Menschenrechtsbeauftragten sowie verschiedene Fachleute auf diesem Gebiet um Stellungnahmen zu den Kritikpunkten des US-Berichts. Bis Mittwochmittag (6.3.) war jedoch noch niemand bereit, sich dazu zu äußern, da die offizielle englische Version des Berichts noch nicht vorliege, hieß es. Wir werden Sie aber selbstverständlich auf dem Laufenden halten. (fp)