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US-Notenbankchef besorgt über Defizit

5. Oktober 2010

US-Notenbankchef Ben Bernanke hat vor den hohen Schulden der USA gewarnt. Die Vereinigten Staaten würden ihre Zukunft gefährden, wenn sie es nicht schaffen würden, den Haushalt wieder auf tragfähige Beine zu stellen.

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Porträt von US-Notenbankchef Ben Bernanke (Foto: dpa)
Seine Warnung hat Gewicht: US-Notenbankchef Ben BernankeBild: picture-alliance/ dpa

Auch US-Präsident Barack Obama forderte, das Defizit entschieden zu reduzieren. Dabei räumte er ein, dass seine Politik das Finanzloch verübergehend vergrößert habe. So hatte er zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung in der Krise viel Geld ausgegeben. Im Haushaltsjahr 2008/2009 lag das Haushaltsdefizit der USA bei 1,42 Billionen Dollar. Das entspricht in etwa einer Billion Euro. Dies ist der höchste Wert seit Ende des Zweiten Weltkrieges, also seit gut 65 Jahren. Das Haushaltsdefizit entspricht nun in etwa zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP). In den ersten elf Monaten des Haushaltsjahres 2009/2010 belief sich das Defizit auf 1,26 Millionen Dollar. Es wird vermutet, dass das aktuelle Haushaltsjahr mit einem Defizit von 1,47 Billionen Dollar abschließt - einem neuen Negativrekord.

"Wachsende und reale Gefahr"

Porträt von US-Präsident Barack Obama und US-Notenbankchef Ben Bernanke. Obama ist links im Vordergrund, Bernanke rechts im Hintergrund (Foto: ap)
Gemeinsames Ziel: Barack Obama und Ben Bernanke wollen das Defizit senkenBild: AP

US-Notenbankchef Ben Bernanke hat einen entschlossenen Kampf gegen das Haushaltsdefizit gefordert. Bei einer Rede im US-Bundesstaat Rhode Island am Montag (04.10.2010) warnte er vor den Folgen des ausufernden Haushaltsdefizites. Es stelle eine "wachsende und reale Gefahr" für die US-Wirtschaft dar. Die politisch Verantwortlichen forderte er auf, einen "glaubhaften Plan" zum Schuldenabbau vorzulegen. Wegen der dramatischen Haushaltslage müsse die Politik "sehr schwierige Entscheidungen" treffen und "Opfer" bringen. "Wenn die gegenwärtige Politik fortgesetzt werden sollte, dann begeben sich die Staatsfinanzen auf einen nicht nachhaltigen Pfad", warnte Bernanke. Und weiter: "Wir sollten diese fiskalpolitischen Herausforderungen nicht unterschätzen." Wenn es nicht gelingen sollte, eine Antwort auf dieses Problem zu finden, würden die USA ihre wirtschaftliche Zukunft gefährden. Der US-Notenbankchef schlug vor, dass sich der Kongress selbst strengere Haushalts- und Ausgabenregeln auferlegen sollte. Das wäre auch ein wichtiges Signal an die Bürger, dass der Kampf gegen das Haushaltsdefizit von der Politik ernst genommen würde. "Dies wäre gut für das Vertrauen", so Bernanke wörtlich.

Nicht zu früh gegenlenken

Der US-Notenbankchef erklärte allerdings auch, dass die derzeitige Wirtschaftslage kaum Spielraum lasse um das Haushaltsdefizit in den nächsten zwei Jahren deutlich zu verringern. Im Gegenteil: ein zu frühes Gegenlenken könnte sogar die konjunkturelle Erholung gefährden. Steuererhöhungen oder Ausgabenkürzungen könnten zum gegenwärtigen Zeitpunkt den Aufschwung abwürgen. "Doch mittel- und langfristig sieht die Geschichte anders aus", so Ben Bernanke. Er nannte auch eine Möglichkeit wie der US-Kongress das Defizit eindämmen könnte. So schlug er die Einführung neuer Haushaltsregeln vor, die sich auf die wachsenden Schulden durch Programme wie das staatliche Krankenversicherungsangebot Medicare und die öffentliche Rentenversicherung konzentrierten. Diese Regeln müssten transparent und langfristig angelegt sein. In seiner Rede im US-Bundesstaat Rhode Island verwies der US-Notenbankchef ausdrücklich auf die positiven Erfahrungen europäischer Länder, in denen solche haushaltspolitischen Regeln festgeschrieben seien. Als Beispiele gab er die Schweiz, die Niederlande, Finnland und Schweden an.

US-Notenbankchef Ben Bernanke im Profil. Er lacht.(Foto: ap)
Eigentlich gibt es grade nichts zu lachen - denn die Finanzlage ist ernstBild: AP

Auch regte Ben Bernanke eine Reform des Steuersystems an. "In den Augen der meisten Menschen ist die US-Steuerordnung weniger effizient und gerecht, als sie es sein könnte." Sie sei außerordentlich kompliziert und verursache hohe Verwaltungskosten. "Ein besser gestaltetes System könnte das Wirtschaftswachstum ankurbeln und die Fiskalpolitik vereinfachen", so Bernanke. Bereits im April hatte der Notenbankchef Vorschläge zur Sanierung der Staatsfinanzen gemacht. Damals hatte er gesagt, dass die USA unbedingt entscheiden müssten ob sie die Steuern anheben, die Ausgaben kürzen oder beides gleichzeitig tun wollten. Laut Bernanke könnte man Geld beispielsweise bei den Arbeitsmarktprogrammen oder den sozialen Sicherungssystemen sparen. "Von der Bildung bis zur Verteidigung" müsste alles überprüft werden. Bis 2013 möchte die US-Regierung das Defizit von aktuell rund zehn Prozent auf 4,3 Prozent des Bruttoinlandsproduktes drücken. Allerdings machte Bernanke bei seiner Rede den US-Bürgern auch Hoffnung indem er sagte, dass er einen Silberstreifen am Horizont ausmache. So hätte sich das Defizit etwas stabilisiert seit die US-Wirtschaft wieder auf Erholungskurs sei.

Autor: Marco Müller (ap, rtr, afp)
Redaktion: Mirjam Gehrke