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US-Truppen stoßen weiter vor

3. Juli 2009

Im Süden Afghanistans geht die Offensive der US-Truppen gegen die Taliban weiter. Die Taliban griffen einen US-Stützpunkt an. Der Bundestag billigte den Einsatz deutscher Soldaten in AWACS- Aufklärungsflugzeugen.

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US- Marines in der afghanischen Provinz Helmand (Foto: AP)
US- Marines in der afghanischen Provinz Helmand warten auf den MarschbefehlBild: AP

Im Süden Afghanistans sind die US-Soldaten tiefer in bisher von den Extremisten kontrollierte Gebiete in der Provinz Helmand vorgestoßen. Wie die örtlichen Behörden mitteilten, haben die ausländischen und afghanischen Kräfte die Taliban bereits komplett aus dem Distrikt Nawa und dem Distrikt Khanashin vertrieben und bereiten sich nun darauf vor, in anderen Bezirken gegen die Rebellen vorzugehen. Erklärtes Ziel der Operation "Khanjar" (Krummdolch) ist es, die Sicherheit der Wahlen in Afghanistan am 20. August zu gewährleisten. An der Operationen nehmen amerikanische und afghanische Truppen, flankiert von britischen ISAF-Soldaten, teil.

Taliban-Überfall auf Stützpunkt

Karte Afghanistan mit der Provinz Helmand (DW-Grafik: Per Sander)
Karte Afghanistan mit der Provinz HelmandBild: DW

Zwei Tage nach Beginn der Großoffensive reagierten die Taliban mit einem massiven Angriff auf einen US-Stützpunkt in der Südprovinz Paktika. Nach ISAF-Angaben vom Samstag (04.09.2009) wurden bei den Gefechten zwei Soldaten und zehn Angreifer getötet. Ein weiterer Angreifer sei gefangen genommen worden. Zunächst hätten die Taliban einen Tanklastwagen vor dem Stützpunkt zur Explosion gebracht und dann mit Mörsern, Raketen und Schusswaffen angegriffen. Soldaten der ISAF und der afghanischen Armee hätten das Feuer erwidert und die Aufständischen aus der Luft angegriffen. Zivilisten seien nicht zu Schaden gekommen.

Ein Taliban-Sprecher sagte dazu, vor der Basis seien acht Tonnen Sprengstoff gezündet worden, dann hätten 20 Aufständische den Stützpunkt gestürmt. Bei den vierstündigen Kämpfen seien mehrere US-Soldaten und sieben Aufständische getötet worden. Allerdings gelten Taliban-Angaben als wenig zuverlässig. Auch machten die Taliban bisher keine Angaben über die Höhe des Lösegeldes für einen bereits am vergangenen Dienstag entführten US-Soldaten, dessen Schicksal weiterhin ungewiss ist.

Obama setzt neue Strategie durch

An der am Donnerstag begonnenen Offensive in Helmand sind rund 4000 US-Marineinfanteristen und 650 afghanische Sicherheitskräfte beteiligt. Es handelt sich um die erste größere US-Militäraktion in Afghanistan seit dem von Präsident Barack Obama durchgesetzten Strategiewechsel. Diese sieht neben einem verstärkten Kampf gegen die Taliban mehr Gewicht für den zivilen und wirtschaftlichen Wiederaufbau vor.

Ziel der Offensive sei es, so das US-Militär, der Bevölkerung in Orten entlang des Helmand-Flusses Sicherheit zu bringen und den Einfluss der Kabuler Regierung in der Gegend wieder herzustellen. Zudem sollten in der Region stabile Bedingungen für die Präsidentschaftswahl am 20. August geschaffen werden. Der Sprecher des Gouverneurs von Helmand, Daud Ahmadi, betonte, der zivile Wiederaufbau werde parallel zur Militäroperation erfolgen.

Ein AWACS-Aufklärungflugzeug(Foto: AP)
Ein AWACS-Aufklärungflugzeug der NATOBild: AP

Tote bei Drohnen-Angriff in Pakistan

Im Nordwesten Pakistans sind bei zwei mutmaßlichen US-Raketenangriffen am Freitag nach Angaben des pakistanischen Geheimdienstes 15 Menschen getötet und 27 verletzt worden. Ziel sei offenbar eine Taliban-Stellung in der Region Süd-Waziristan gewesen, meldeten Nachrichtenagenturen unter Berufung auf Gewährsleute vor Ort. Demnach galt der Angriff einem Ausbildungslager des pakistanischen Taliban-Führers Baitullah Mehsud. Er soll Drahtzieher einer Serie von Selbstmordanschlägen sein, bei denen im Juni in Pakistan mehr als 100 Menschen getötet wurden. Die US-Streitkräfte in Afghanistan haben in der Vergangenheit mehrfach Stellungen mutmaßlicher Extremisten in Pakistan mit unbemannten Flugkörpern, so genannten Drohnen, angegriffen.

In Deutschland hat unterdessen unmittelbar nach der Entscheidung des Bundestages über den Einsatz von AWACS-Aufklärungsflugzeugen in Afghanistan erneut eine Diskussion über eine so genannte Exitstrategie begonnen. Der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl forderte, den Schwerpunkt des deutschen Afghanistan-Einsatzes "vom Militär zur Polizei zu verlagern". Ziel müsse ein baldiger Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan sein, möglichst innerhalb der nächsten Jahre.

Regierung gegen "Exit"-Strategie

Außenminister Frank-Walter Steinmeier warnte dagegen: "Jetzt eine kopflose Exit-Diskussion zu führen", sei nicht zu verantworten. Es gelte nach wie vor der Grundsatz, dass in Afghanistan der internationale Terrorismus zurückgedrängt werden müsse. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte am Donnerstag im Bundestag erklärt, sie sehe keinen Anlass für einen Rückzug in Afghanistan: "Wir werden vor dieser Aufgabe nicht weglaufen, sondern werden sie Schritt für Schritt erfüllen."

Mit der Mehrheit aller Fraktionen außer der Linken hatte der Bundestag am Donnerstagabend die Entsendung von vier AWACS-Aufklärungsflugzeugen gebilligt. Bis zu 300 deutsche Soldaten können mit den Maschinen in den Einsatz geschickt werden. Die Maschinen sollen den gesamten militärischen und einen Teil des zivilen Flugverkehrs in Afghanistan koordinieren sowie Luftoperationen der internationalen Schutztruppe ISAF unterstützen. Zur Identifizierung militärischer Ziele sollen die AWACS nach Darsellung der Bundesregierung nicht benutzt werden. Das Mandat des Bundestages ist vorläufig bis zum 13. Dezember befristet. Die Kosten für den Einsatz belaufen sich auf 4,21 Millionen Euro. (lu/wl/uh/dpa/rtr/afp/ap)