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Wer bietet mehr?

Lars Gesing/mik19. Januar 2016

Um ihren Wahlkampf zu finanzieren, brauchen die Präsidentschaftskandidaten so viel Geld wie möglich. Denn eine erfolgreiche Kampagne kann locker mehr als 1 Milliarde Dollar kosten, berichtet Lars Gering aus Washington.

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USA Proteste in Washington
Bild: Getty Images/C. Somodevilla

Als die Deutschen vor drei Jahren einen neuen Bundestag wählten gaben die sechs wichtigsten Parteien zusammen 62 Millionen Dollar (57 Millionen Euros) aus. Ein Jahr zuvor wählten die Amerikaner einen neuen Präsidenten und Teile des Kongresses. Die Kosten dafür betrugen rund 100 mal so viel: 6,3 Milliarden Dollar.

Im Gegensatz zu Deutschland, wo die Wahlen größtenteils staatlich finanziert sind, werden Wahlen in den USA primär durch direkte Spenden von Wählern bezahlt. Doch was wie die reinste Form der Demokratie klingt, hat sich in einen chaotischen, an Korruption grenzenden Spendensumpf verwandelt.

Das US-Wahlspendenrecht verbietet zwar Spenden von mehr als 2,700 Dollar pro Person pro Wahlkampf für einen Kandidaten. Doch in Wirklichkeit kann seit einer Entscheidung des Obersten Gerichts vor sechs Jahren praktisch jeder so viel Geld für einen Kandidaten spenden, wie er oder sie will.

So unterstützte der Kasino-König Sheldon Adelson den Präsidentschaftswahlkampf der Republikaner vor vier Jahren mit fast 93 Millionen Dollar. Für den diesjährigen Wahlkampf haben die konservativen Milliardäre Charles und David Koch bereits angekündigt rund 900 Millionen Dollar in den Wahlkampf zu investieren, um endlich wieder einen Republikaner ins Weiße Haus zu bringen.

Ziel der Spenden

Stellt sich die Frage, warum zwei erfolgreiche Geschäftsleute fast 1 Milliarde Dollar ausgeben, um jemandem zu helfen, die mächtigste Person auf der Welt zu werden. Warum würden sie das tun, wenn sie sich davon nicht einen Gegenleistung erwarten?

Bildcombo David H Koch und Charles Koch
Politische Großinvestoren: die Koch-BrüderBild: Getty Images/picture alliance/landov

"Das Oberste Gericht hat entschieden, dass Wahlspenden nur dann eingeschränkt werden dürfen, wenn es sich ganz eindeutig um Korruption handelt", sagt Douglas Keith, der sich am Brennan Center for Justice der New York University mit Politikfinanzierung befasst. "Das Gericht hat entschieden, dass Anbiederung und Zugang zur Macht nicht Korruption sind, sondern wichtige Elemente einer Demokratie, ganz gleich ob uns das nun gefällt oder nicht."

Diesen Grundsatzentscheid zur Wahlkampffinanzierung, auch unter dem Namen der Klägergruppe Citizen United bekannt, fällte das Gericht im Jahr 2010. In ihrem 5-4-Urteil erklärten die Richter, dass der Staat politische Zuwendungen nicht beschränken darf, solange diese nicht von einer Einzelperson oder einen Institution direkt an einen Kandidaten fließen. Im Klartext: Solange es keinen direkten Geldfluss von A nach B gibt, dürfen Spenden nicht reguliert werden. Mit ihrer Interpretation machten die Richter die verfassungsmäßig garantierte freie Meinungsäußerung praktisch unantastbar. Geld ist gleich freie Meinungsäußerung ganz egal wie hoch die Summe ist. Die Schleusen waren damit geöffnet.

Super PACs

Es dauerte nicht lange bevor clevere Wahlkampfstrategen begannen so genannte Super Political Action Committees (Super PACs) zu gründen, also politische Wahlkampforganisationen, die Spenden in unbegrenzter Höhe sammeln durften. Der Haken dabei: Es ist ihnen gesetzlich verboten sich mit dem Kandidaten abzustimmen. Die Lösung: Die Super PACs werden mit ehemaligen Mitarbeitern des Kandidaten besetzt. Dies garantiert, dass Kandidat und Super PAC auf einer politischen Linie sind, gleichzeitig kann man aber juristisch behaupten unabhängig zu sein.

Einige Gruppen gingen sogar noch einen Schritt weiter. Im Gegensatz zu Super PACs müssen steuerbefreite und nicht gewinnorientierte Gruppen zur Förderung politischer Ziele nicht einmal ihre Spender benennen, so lange ihr Hauptziel nicht der Wahlkampf ist. Diese Strategie der dunklen, nicht nach verfolgbaren Geldströme steht zwar sogar im Widerspruch zur Auslegung des Obersten Gerichtshofes wonach "Sonnenlicht, das beste Desinfektionsmittel ist". Praktiziert wird sie dennoch.

"Wenn Leute 30 Dollar für den Wahlkampf von Bernie Sanders oder Ted Cruz spenden ist dass eine Beteiligung der Bürger mit dem Ziel die Demokratie voranzutreiben und sich am System zu beteiligen", sagt Robert McChesney, der Autor von "Dollarocracy: Wie der Geld- und Medienkomplex Amerika zerstört". "Wenn Du ein Kandidat bist, der von großen Spenden weniger Leute abhängig bist, dann bist Du ihnen verpflichtet."

Für McChesney ist Politik zu einem Spiel nur für die Reichen geworden, die durch ihre politischen Spenden ihren Status pflegen.

Aber warum sind Wahlkampagnen in den USA überhaupt so teuer?

Mehr Geld, mehr Probleme?

Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs wurde das Fernsehen in den USA zu einem wichtigen Instrument für politisches Marketing. Während Parteien in Deutschland kostenlose TV-Werbezeiten erhalten, entdeckten amerikanische Sender rasch das kommerzielle Potential mit politischer Werbung. Seitdem ein Großteil der Wahlkampfgelder zum Kauf von teuren Werbezeiten im Fernsehen verwendet wird, sind auch die Medienhäuser aktiver Teil des aufgeblähten Wahlfinanzierungssystems geworden.

Und dennoch haben 2016 zwei ungleiche Kandidaten beschlossen auf Großspenden zu verzichten: Der republikanische Immobilienmogul Donald Trump, der seinen Wahlkampf selbst finanziert. Und der Demokrat Bernie Sanders, der sich selbst als demokratischer Sozialist bezeichnet und schon lange gegen den Einfluss des Geldes in der Politik kämpft. Wie absurd das Wahlkampffinanzierungssystem ist zeigt die Tatsache, dass Sanders nicht verhindern konnte, dass einige Gruppen unabhängig von ihm Geld für seinen Wahlkampf sammeln.

USA Wahlkampf Demokraten Präsidentschaftskandidaten TV-Debatte Bernie Sanders
Er will nur Kleingeld: Bernie SandersBild: picture-alliance/AP Photo/M. Smith

"Die Entscheidung dieser Kandidaten sich dem Einfluss von Großspendern zu entziehen ist ein Grund für ihre Attraktivität bei den Wählern und ihr gutes Abschneiden in den Umfragen", sagt Viveca Novak vom Center for Responsive Politics, einer Organisation, die sich mit dem Thema Geld in der Politik befasst.

Laut Umfragen wollen mehr als Drei-Viertel der Amerikaner, dass das Citizens United-Urteil aufgehoben wird. Doch so einfach ist das nicht.

"Die Wahlkampfspenden zu regulieren ist ohne Änderungen beim Obersten Gerichtshof sehr schwierig", sagt Douglas Keith vom Brennan Center. "Doch der nächste Präsident der Vereinigten Staaten wird sicher mindestens einen, wahrscheinlich sogar mehrere neue oberste Richter ernennen."

Das jedoch wird dauern und bedeutet, dass zumindest die Wahl 2016 zu einer Art Monopoly mit hohem Einsatz werden wird.