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USA fordern politische Lösung des Konflikts im Nahen Osten

25. Juli 2006

Die Nahost-Mission von US-Außenministerin Rice ist überschattet von schweren Kämpfen zwischen israelischen Truppen und der Hisbollah. Derweil beriet die EU über die Zusammenstellung einer internationalen Schutztruppe.

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Israelischer Panzer an der Grenze zum LibanonBild: AP

Ihre Mission im Krisenherd begann mit einem Überraschungsbesuch: Rices Zwischenstopp am Montag (24.7.) in der libanesischen Hauptstadt Beirut auf dem Weg nach Israel war vorher nicht angekündigt worden. Sie traf in Beirut mit Ministerpräsident Fuad Saniora zusammen, der einen raschen Waffenstillstand forderte. Die israelische Offensive werfe sein Land um 50 Jahre zurück, sagte der Regierungschef.

Unterschiedliche Auffassungen

Condoleezza Rice greift im Nahen Osten ein
Condoleezza Rice und der libanesische Premier Fuad Saniora in BeirutBild: AP

Rice bezeichnete am Montag erstmals eine Waffenruhe als "dringlich". Ihre konkreten Vorschläge für ein Ende der Gewalt im Libanon sind bei Teilen der libanesischen Führung jedoch nicht auf Zustimmung gestoßen. Sie seien inakzeptabel, da sie nicht als ersten Schritt einen Waffenstillstand vorsähen, sagte der libanesische Parlamentspräsident und De-Facto-Unterhändler der Hisbollah, Nabih Berri.

Rice habe zwar eine Waffenruhe vorgeschlagen, diese hätte aber zeitgleich mit der Stationierung libanesischer Soldaten sowie einer internationalen Schutztruppe im Süden des Libanons erfolgen sollen, wie ein Vertrauter Berris mitteilte. Dies habe der Parlamentspräsident abgelehnt und stattdessen einen zweistufigen Plan vorgeschlagen: Demnach sollte zuerst eine Waffenruhe erklärt werden, und anschließend sollten Gespräche über einen Gefangenenaustausch beginnen.

"Keine kurzfristigen Lösungen"

Nach einem Gespräch mit ihrer israelischen Kollegin Zippi Livni forderte Rice am Montagabend in Jerusalem, die internationale Krisendiplomatie müsse auf eine grundsätzliche Beilegung der Probleme zwischen Israel und dem Libanon hinarbeiten: "Jeglicher Frieden muss auf dauerhaften Prinzipien beruhen, nicht auf kurzfristigen Lösungen", sagte die US-Außenministerin.

Aus dem Umfeld der Außenministerin wurde klargemacht, dass die USA sich bei den internationalen Friedensbemühungen im Libanonkonflikt in einer Führungsrolle sehen. "Wir, die Vereinigten Staaten, spielen mit der Außenministerin in der Diplomatie klar sichtbar die
federführende Rolle", sagte der US-Nahostgesandte David Welch nach Rice' Besuch in Beirut. Am Dienstag will Rice mit Israels Ministerpräsident Ehud Olmert und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammenkommen, bevor sie am Mittwoch zur internationalen Libanon-Konferenz nach Rom weiterreist.

Annan: Hisbollah nicht mit Gewalt zu bezwingen

Proteste gegen den Krieg im Libanon: Tel Aviv
Proteste gegen den Krieg im Libanon in IsraelBild: AP

Unterdessen kündigte das Weiße Haus umfangreiche humanitäre Hilfe für den Libanon an. Die ersten Lieferungen würden bereits am Dienstag per Hubschrauber in der Region eintreffen, sagte ein Sprecher. UN-Generalsekretär Kofi Annan setzt darauf, dass sich die Konferenz auf "ein Paket von Maßnahmen" einigt. Auf keinen Fall dürfe man mit leeren Händen auseinander gehen, sagte er. Wichtigstes Ziel müsse es sein, dass der Libanon die Kontrolle über den Südteil des Landes zurückgewinne.

Annan bekräftigte seine Forderung nach einer Feuerpause. Die Hisbollah könne nicht gewaltsam entwaffnet werden, sagte er in New York. Syrien und der Iran als wichtigste Verbündete der Miliz müssten in die Verhandlungen einbezogen werden.

Kämpfe gehen weiter

Die israelische Armee lieferte sich bei einer Ausweitung ihrer Offensive mit Unterstützung der Luftwaffe heftige Gefechte mit der Schiiten-Miliz. Hisbollah-Kämpfer versuchten, einen Panzervorstoß auf die Grenzstadt Bint Dschbeil abzuwehren. Dabei wurden nach israelischen Armeeangaben mindestens zehn israelische Soldaten verwundet. Nach libanesischen Angaben sollen vier Panzer zerstört, zwei Soldaten getötet und 18 verletzt worden sein. Zwei israelische Soldaten kamen ums Leben, als ihr Hubschrauber abstürzte. Die Ursache werde noch geprüft, erklärte ein Armeesprecher. Die Hisbollah nahm nordisraelische Orte erneut unter Feuer. Mehrere Israelis wurden verletzten.

Sandsturm im Libanon Krieg
Die Kämpfe gehen unvermindert weiterBild: AP

In dem südlibanesischen Grenzdorf Marun al Ras nahm die israelische Armee erstmal seit dem Beginn der Kämpfe zwei Hisbollah-Kämpfer gefangen. Neun Raketenstellungen seien zerstört worden. Israelische Medien berichteten, die Armee rechne damit, dass die Kämpfe im Libanon noch sieben bis zehn Tage andauern könnten.

Bei einem israelischen Luftangriff sind am Dienstagmorgen sieben libanesische Familienmitglieder getötet worden. Eine Rakete habe ihr Haus in einem Vorort der südlibanesischen Stadt Nabatijeh getroffen, teilte die Polizei mit. Unter den Toten seien mindestens zwei Kinder.

"Deutschland kann sich einer Schutztruppe nicht entziehen"

In Brüssel berieten EU-Vertreter weiter über eine mögliche internationale Schutztruppe für den Libanon. Die Zusammenstellung und Entsendung einer solchen Truppe unter einem Mandat des UN-Sicherheitsrats wäre schwierig, jedoch durchaus möglich, sagte der EU-Außenbeauftragte Javier Solana. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte, ohne eine Schutztruppe sei kein Frieden in der Region möglich. Deutschland wird sich nach Worten von Verteidigungsminister Franz Josef Jung einer möglichen UN-Mission im Nahen Osten letztlich nicht entziehen können. Allerdings betonte der CDU-Politiker, dass sich zu diesem Zeitpunkt die Frage eines Bundeswehreinsatzes nicht stelle. "Zunächst müssen wir einmal festhalten, dass es darum geht, dass die entführten Soldaten freikommen, dass wir einen Waffenstillstand erzielen und dass wir eine breite Zustimmung aller Beteiligten vor Ort für eine Friedensmission brauchen, bevor sich diese Frage so konkret stellt", sagte Jung dem ZDF am Montagabend.

Nach Schätzungen unabhängiger Wirtschaftsexperten ist allein durch die Zerstörung von Infrastruktur im Libanon bislang ein Schaden in Höhe von rund 2 Milliarden Dollar (1,6 Mrd. Euro) entstanden. Durch Ausfälle im Touristengeschäft sei zusätzlich ein wirtschaftlicher Verlust von 1,5 Mrd. Dollar entstanden, wie die Wochenzeitung "Middle East Economic Survey" (Zypern) weiter berichtete. (stl)