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USA fordern Waffenstillstand

24. Juli 2006

Knapp zwei Wochen nach Beginn des israelischen Militäreinsatzes gegen den Libanon haben auch die USA zu einem Waffenstillstand und einer politischen Lösung im Nahen Osten aufgerufen. Das amerikanische Engagement ist neu.

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Israelischer Soldat an der Grenze zum LibanonBild: AP

"Wir glauben, dass ein Waffenstillstand dringend nötig ist", sagte US-Außenministerin Condoleezza Rice am Montagmorgen (24.7.2005) auf dem Flug nach Israel. Zuvor hatten die USA bereits Interesse an einer NATO-geführten Friedenstruppe im israelisch-libanesischen Grenzgebiet signalisiert. Israels Ministerpräsident Ehud Olmert sagte, er könne sich eine von EU-Ländern gestellte Friedenstruppe vorstellen.

Kontrolle für libanesische Regierung

Condoleezza Rice
Condoleezza Rice (Archiv)Bild: AP

Rice betonte, dass ein Waffenstillstand Teil einer umfassenden politischen Lösung sein müsse: Es sei wichtig, Rahmenbedingungen zu haben, die den Waffenstillstand dauerhaft machten. Dazu zählten insbesondere die Entwaffnung der Hisbollah im Libanon, die nicht länger als Staat im Staat bestehen dürfe "und den Libanon und die ganze Region in den Krieg stürzt", sagte Rice. Die libanesische Regierung müsse wieder die volle Kontrolle über ihr gesamtes Staatsgebiet zurückerhalten. Dort dürfe es keinen Platz für "terroristische Gruppen und illegale Gruppen" geben.

Waffenstillstand als "falsches Versprechen"

Im Gegensatz zu vielen europäischen und arabischen Verbündeten hatten die USA bislang einen Aufruf zum Waffenstillstand vermieden. Noch am Freitag hatte Rice einen Waffenstillstand als "falsches Versprechen" bezeichnet, weil dadurch die ernsten politischen Probleme der Region nicht gelöst würden. Diese Zurückhaltung wurde als Zeichen gewertet, dass die USA ihrem Verbündeten Israel zunächst freie Hand bei seinem Vorgehen gegen den Libanon lassen wollten. Rice soll am Montag in Israel eintreffen und mit Olmert sowie Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zusammentreffen. Sie kündigte an, Ende der Woche bei Bedarf erneut nach Nahost zu reisen.

Zusammenarbeit mit Syrien

Außerdem deutete Rice Bereitschaft an, zur Beilegung des Konflikts auch mit Syrien zusammenzuarbeiten. Auf dem Flug nach Israel sagte sie, das schlechte Verhältnis zwischen Syrien und den USA werde überbewertet. So unterhielten die USA trotz der Abberufung ihres Botschafters im vergangenen Jahr nach wie vor diplomatische Beziehungen mit Damaskus. Die USA betrachten Syrien als einen der größten Förderer des Terrorismus. Die Regierung Bush gibt Syrien und dem Iran die Schuld an der Gewalt im Nahen Osten.

EU-Friedenstruppe?

Am Wochenende hatte sich die Diskussion über eine Friedenstruppe für den Libanon-Konflikt konkretisiert. Nach Olmerts Worten ist Israel bereit, die Stationierung einer Truppe zu akzeptieren, die "militärische Stärke und Kampferfahrung" habe und von Ländern der EU gestellt werde. Deren Mandat müsse zwingend die Kontrolle der Grenzübergänge zwischen Syrien und dem Libanon beinhalten, die Stationierung im Südlibanon und die Unterstützung der libanesischen Armee. Besonderes Augenmerk müsse auf der Entwaffnung der Hisbollah liegen. Der US-Botschafter bei der UNO, John Bolton, sagte, Washington werde die Einrichtung einer Pufferzone unter Aufsicht der NATO ernst nehmen.

Offensive soll mehrere Wochen weitergehen

Die israelische Armee rechnete trotz der verstärkten internationalen Schlichtungsbemühungen nicht mit einem baldigen Ende ihres Einsatzes im Libanon. Die Offensive gegen die radikalislamische Hisbollah werde noch mehrere Wochen weitergehen, sagte der für Nordisrael zuständige General Udi Adam am Sonntagabend im Rundfunk. Ziel der Armee sei der Sieg gegen die Hisbollah. Sieg bedeute, dass die Hisbollah nicht mehr an der Grenze präsent sei und keine Raketen mehr abfeuern könne. In der Nacht zum Montag schickte Israel neue Bodentruppen in den Libanon. Es handele sich aber nicht um eine Operation größeren Ausmaßes, erklärte die Armee.

Gefechte im Südlibanon

Am Montagmorgen lieferten sich israelische Soldaten im Südlibanon ein heftiges Feuergefecht mit Milizionären der radikal-islamischen Hisbollah-Organisation. Der israelische Rundfunk meldete, der Kampf finde im Bereich der Ortschaft Bint Jbayel, die als "Hisbollah-Hauptstadt" gilt, statt. Die israelischen Soldaten würden von Kampfjets und Hubschraubern aus der Luft unterstützt.

Den Angaben zufolge gelang es der israelischen Armee, neun Abschussrampen der Hisbollah zu zerstören. Eine davon sei in Richtung Haifa ausgerichtet gewesen. Die israelische Hafenstadt hatte seit Beginn der kriegerischen Auseinandersetzungen die schwersten Raketenangriffe erlitten. Israelische Medien berichteten, die Armee rechne damit, dass die Kämpfe im Libanon noch sieben bis zehn Tage andauern könnten.

Keine Verhandlungen mit der Hisbollah

In Israel äußerte erstmals ein Minister Zweifel am Sinn des Einsatzes. Der Versuch einer vollständigen Eliminierung der Hisbollah als bewaffnete Kraft im Libanon sei illusorisch, sagte der zur Arbeitspartei gehörende Minister ohne Geschäftsbereich, Eitan Kabel, dem israelischen Fernsehen. Die Armee könne Israel in eine Position der Stärke versetzen, auf deren Grundlage dann aber politische Verhandlungen geführt werden müssten.

Schimon Peres verteidigte die Militäroffensive seines Landes gegen die Hisbollah, der vor allem Zivilisten zum Opfer gefallen sind. "Ich glaube nicht, dass hier Zurückhaltung geboten ist", sagte der stellvertretende israelische Ministerpräsident. Eine baldige Bodenoffensive Israels werde es aber nicht geben. "'Wir haben nicht die Absicht, Teile des Libanon zu erobern." Peres betonte, Israel werde nicht mit der Hisbollah verhandeln, könnte aber Verhandlungen mit der libanesischen Regierung aufnehmen. (chr)