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Usbekistan: Ein Drittel der Russen hat das Land verlassen

27. Juli 2006

Gleich nach dem Zerfall der Sowjetunion haben viele Russen Usbekistan verlassen. Ob es nun nach Moskaus Angebot, nach Russland zurückzukehren, wieder zu einer Auswanderungswelle kommt, ist aber ungewiss.

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In Usbekistan leben etwa 24 Millionen MenschenBild: APTN

Der Erlass des russischen Präsidenten Wladimir Putin über das Programm zur freiwilligen Rückkehr von Landsleuten nach Russland wird auch in der usbekischen Gesellschaft diskutiert. Folgende Fragen beschäftigen die potentiellen Übersiedler: Über wen freut man sich in Russland tatsächlich, nur über Russen oder Slawen insgesamt? Wie steht es mit den Usbeken, die in Russland geboren wurden und dort russische Verwandte haben?

Aber die wohl wichtigste Frage ist, ob die Initiative Moskaus zu einer neuen Auswanderungswelle aus Usbekistan führen wird. Vorläufigen Schätzungen zufolge ist eine Auswanderung russischsprachiger Bevölkerung zu erwarten.

Minderheitenrechte werden eingehalten

In Usbekistan existiert ein russisches Kulturzentrum, das im Vergleich zu den anderen Kulturzentren ethnischer Minderheiten als letztes errichtet wurde. Die Vorsitzende des Zentrums, das Senatsmitglied Swetlana Gerasimowa bestätigt, dass es den Russen in Usbekistan gut gehe.

Experten sind der Ansicht, dass die Verfassungsbestimmungen über die ethnischen Minderheiten von der Staatsmacht eingehalten werden. Deswegen erwarten sie keine so große Auswanderungswelle russischsprachiger Bevölkerung wie gleich nach dem Zerfall der UdSSR. 1989 lebten in Usbekistan 1,6 Millionen ethnischer Russen. Heute sind es noch etwa eine Million. Auch zahlreiche ethnische Ukrainer hatten Usbekistan nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen. Lebten 1989 in Usbekistan noch 153.000 Ukrainer, so sind es nach Schätzungen heute nur noch gut 100.000.

Vorwürfe gegen Russen

In Taschkent sagt man, dass all diejenigen, die das Land verlassen wollten, dies bereits getan hätten. Zurückgeblieben seien nur noch Sesshafte. Die Tatsache, dass seinerzeit fast jeder dritte Russischsprachige ausgewandert ist, spricht Bände. Es geht hier aber nicht nur darum, dass sie die Staatssprache Usbekisch nicht beherrschen. Die Russen wurden immer als diejenigen angesehen, die die Verantwortung für die Verbrechen des Stalinregimes und für die Schrecken der Sowjetmacht insgesamt tragen.

Auswanderung wegen geringer Löhne

Der usbekische Geschäftsmann Nosir Kasymow hält eine Aussiedlung nach Russland durchaus für reizvoll: "Man kann dort gut Geld verdienen. Die Bedingungen sind besser und man ist praktisch von niemandem abhängig. In Usbekistan hat man wenige Freiräume", sagt er.

Kasymows Meinung unterstützt ein bekannter usbekischer Journalist, der ungenannt bleiben möchte: "Junge Menschen werden auswandern, wahrscheinlich nach Russland, meiner Meinung nach junge Menschen, die Hochschulen absolviert haben, vor allem technische Fächer, und in Usbekistan nicht genug für ihren Lebensunterhalt verdienen können. Unsere Löhne sind um ein Vielfaches niedriger als in Russland, geschweige in Westeuropa. Das ist einer der Hauptgründe dafür, dass junge Menschen dorthin auswandern. Das kann sich auf die Wirtschaft Usbekistans auswirken."

DW-RADIO/Russisch, 24.7.2006, Fokus Ost-Südost