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Vaclav Havel appelliert an Russlands Opposition

4. Oktober 2007

Der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Havel hat in Moskau die demokratischen Kräfte aufgerufen, sich gegen den Autoritarismus im Lande zusammenzuschließen. Vertreter der Opposition zeigten sich aber skeptisch.

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Vaclav Havel spricht aus ErfahrungBild: AP

Bei einem Treffen mit russischen Menschenrechtlern, das am 1. Oktober im Moskauer Sacharow-Zentrum stattgefunden hat, hat der ehemalige tschechische Präsident Vaclav Havel die seiner Meinung nach wichtigsten Hindernisse genannt, die einem Sieg über den Autoritarismus in Russland im Wege stehen. Havel glaubt, dass die Menschenrechtler ihre Position nur dann verteidigen und die Vorherrschaft demokratischer Prinzipien sichern können, wenn sie sich zusammenschließen.

Tschechien als Beispiel

Dem ehemaligen tschechischen Staatsoberhaupt zufolge hatte der Zusammenschluss aller demokratischen Kräfte den Aufbau von Demokratie in seiner Heimat Ende der 80er Jahre erst möglich gemacht. Das müsste auch im heutigen Russland funktionieren, wo allgemeiner Auffassung nach ein autoritäres Regime entstanden sei, so Havel.

Er unterstrich: "Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass unter Bedingungen eines totalitären, halb-totalitären, autoritären, halb-autoritären und ähnlichen Regimes sich diejenigen zusammenschließen müssen, die positive Veränderungen wollen. Wenn man seine Ambitionen kontrolliert, dann können sich sogar sehr unterschiedlich denkende Menschen vereinen. Es geht darum, den kleinsten gemeinsamen Nenner zu finden."

In Tschechin habe der kleinste gemeinsame Nenner darin bestanden, wie eine Demokratie auszusehen habe, die den Traditionen vor Ort entsprechen würde. Hinzugekommen sei, dass sich die Tschechen darauf geeinigt hätten, was eine Bürgergesellschaft ausmache, denn ohne sie sei eine Demokratie lediglich Formsache.

"Weltweite Demokratie-Krise"

Die russischen Menschenrechtler, mit denen Havel zusammengetroffen war, fassten den Aufruf des bekannten Politikers unterschiedlich auf. Beispielsweise sprach der Menschenrechtler Sergej Kowaljow von einer globalen Krise der Demokratie, die einem Sieg der Demokratie in Russland im Wege stünde. Ihm zufolge ist die entstandene Krise kein rein russisches Problem, sondern eher ein weltweites.

Kowaljow erklärte: "Der sogenannte Westen nimmt die Versicherungen der russischen Staatsmacht, wonach der richtige Weg beschritten sei, mit Leichtigkeit und Genugtuung auf." Der Führung des Landes sei es gelungen, einen Mythos von fairen Wahlen in Russland zu schaffen, was wiederum eine internationale politische und moralische Krise begünstige, unterstrich der russische Menschenrechtler.

Dialog unerwünscht

Der Führer der Partei Jabloko, Grigorij Jawlinskij, sagte, die Vereinigung all derjenigen, die man unter dem Banner der Demokratie habe versammeln können, habe bereits stattgefunden. Beispiel dafür sei seine Partei, die, so Jawlinskij, ausnahmslos alle russischen Menschenrechtler, Ökologen sowie demokratische Jugend- und Frauenbewegungen in sich vereinigt habe.

Mit den Kräften, die sich in der Partei Anderes Russland zusammengeschlossen hätten, wolle Jawlinskij weder eine "Freundschaft pflegen noch Vereinbarungen treffen". Er wolle sich auch nicht mit den Führern der Partei Union rechter Kräfte an einen Verhandlungstisch setzen.

Jegor Winogradow, Moskau
DW-RADIO/Russisch, 1.10.2007, Fokus Ost-Südost