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Vehikel der politischen Globalisierung?

31. Mai 2002

Wie regiert man die Welt? Nichts weniger als diese Frage hat die Sozialistische Internationale (SI) auf die Tagesordnung ihres Ratstreffens in Marokko gesetzt.

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Bestimmte von 1976 bis 1992 die Geschicke der SI: Willy BrandtBild: AP

An diesem Wochenende (31. Mai bis 1. Juni 2002) kommen Vertreter der SI in Casablanca zusammen. Sie wollen dort nach Möglichkeiten suchen, gemeinsam für mehr Demokratie und Gerechtigkeit auf der Welt zu sorgen. Die Vereinigung von 146 sozial-demokratischen Parteien reagiert damit auf die rapide voranschreitende wirtschaftliche Globalisierung.

Der Nachholbedarf der Parteien ist in der Tat immens: Einerseits wachsen die internationalen Finanzmärkte immer stärker zusammen und es entstehen transnationale Unternehmen, deren Einfluss auf einzelne Volkswirtschaften stark wächst. Andererseits hinken politische Parteien dieser Entwicklung mit großem Abstand hinterher.

"Wenn es die SI nicht gäbe, müsste man sie erfinden", meinte deshalb auch der stellvertretende SPD-Parteivorsitzende Christoph Zöpel im Interview mit DW-WORLD. "In vielleicht 10 Jahren werden sich auf Weltebene voraussichtlich zwei konkurrierende Blöcke von Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Parteien gegenüber stehen." Einen dieser Blöcke wird nach Zöpels Ansicht die SI bilden.

Zweifel der Politologen

Auf der anderen Seite, so die Hoffnung der deutschen Christdemokraten, könnte die Christdemokratische Internationale (CDI) stehen. Ihr Vize-Präsident, der frühere CDU-Generalsekretär Peter Hinze, sieht ebenso wie Zöpel die Bedeutung internationaler Parteiverbände wachsen. Die CDI habe sich deshalb im letzten halben Jahr von einer Gemeinschaft ehemaliger Staats- und Regierungschefs in eine Organisation verwandelt, in der aktive Politiker gestalten wollen. "Das war ein Reflex auf die wirtschaftliche Globalisierung", so Hinze.

Politologen wie Professor Elmar Altvater von der Freien Universität Berlin warnen allerdings davor, die Zukunft von SI und CDI zu überschätzen. "In der Europäischen Union beobachten wir zwar eine politische Block-Bildung", so Altvater im Gespräch mit DW-WORLD. "Das lässt sich aber nicht ohne weiteres auf die globale Ebene ausdehnen. Für mich ist deshalb ein großer politischer Einfluss dieser Organisationen noch nicht erkennbar."

Probleme der Parteien

Hinze räumte ein, dass man mit der politischen Arbeit in der CDI noch ganz am Anfang stehe. Dem Verband gehören mehr als 70 Parteien an, deren politische Heimat jeweils von Rechts bis in die Mitte hinein reicht. Ein Hindernis für die CDI ist ihre Konkurrenz mit der International Democrat Union (IDU), die ebenfalls Parteien dieses Spektrums vereint. Dieser Organisation gehört unter anderem die Republikanische Partei des amtierenden US-Präsidenten George W. Bush jr. an. "Langfristig kann ich mir vorstellen, dass sich diese Gruppen zusammenschließen", sagte Hinze. Derzeit kostet diese Spaltung aber sowohl der CDI als auch der IDO politisches Gewicht.

Ohne Probleme ist auch die SI nicht. Die Geschichte und der Name des einst von Karl Marx und Friedrich Engels ins Leben gerufenen Bündnisses trüben heutzutage sein Image. Die SI nennt sich zwar seit ihrer Gründung sozialistisch. Sie hat aber weder sozialistische noch kommunistische Parteien in ihren Reihen. Die deutsche PDS ist beispielsweise kein Mitglied des Verbands. Trotzdem gilt die SI mitunter als Relikt aus Zeiten des Warschauer Pakts, als sozialistische Politiker noch auf Planwirtschaft und Zensur setzten. Solange die SI die Narben dieser Geschichte im Gesicht trägt, dürften ihr viele Menschen mit Argwohn und Vorurteilen begegnen. Das wiederum ist keine gute Basis, um politische Mehrheiten zu formen. (mas)