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Verärgerte Reaktionen auf GM-Beschluss

4. November 2009

Der US-Autokonzern General Motors will sich doch nicht von seiner deutschen Tochter Opel trennen. Die Bundesregierung fordert einen für Opel gewährten Brückenkredit zurück. Der Betriebsrat hat zu Warnstreiks aufgerufen.

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GM-Zentrale in Detroit (Archivfoto: ap)
Hier fiel die überraschende Entscheidung: GM-Zentrale in DetroitBild: AP

Der GM-Verwaltungsrat entschied in der Nacht zu Mittwoch (04.11.2009) am Firmensitz in Detroit, Opel im Konzern zu behalten. Das Gremium begründete seine Entscheidung damit, dass das Geschäftsumfeld für GM sich verbessert habe. Zudem seien die beiden europäischen Töchter Opel und Vauxhall für die "globale Strategie" des Konzerns wichtig.

General-Motors-Chef Fritz Henderson (Archivfoto: ap)
Will Opel im Konzern behalten: General-Motors-Chef Fritz HendersonBild: AP

Das Führungsgremium des teilverstaatlichten US-Konzerns hatte sich noch im September grundsätzlich zum Verkauf der Anteilsmehrheit von Opel an den kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna und die russische Sberbank entschlossen. Nun will GM das Europa-Geschäft rund um Opel selbst sanieren. Die Kosten dafür bezifferte GM-Chef Fritz Henderson auf drei Milliarden Euro. In Kürze wolle das Unternehmen der Bundesregierung einen Restrukturierungsplan vorlegen.

Bundesregierung fordert Geld zurück

Die Bundesregierung reagierte mit deutlicher Kritik auf den Beschluss des Verwaltungsrats. "Das Verhalten von General Motors ist völlig inakzeptabel", sagte Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Er forderte ein klares Konzept von GM, wie Opel gerettet werden könnte.

"Mit dieser Entscheidung ist ein Investorenprozess abgebrochen worden, der über einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten von allen Beteiligten - einschließlich GM - intensiv geführt wurde", erklärte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm. Die Bundesregierung bedauere die Entscheidung und erwarte nun, dass General Motors die aus Mitteln der Kreditanstalt für Wiederaufbau und der Landesförderbanken gezahlte Brückenfinanzierung von 1,5 Milliarden Euro fristgerecht zurückzahlt. Zudem müsse Opel in seiner Leistungsfähigkeit gestärkt werden und die erforderlichen Anpassungen sollten auf ein unverzichtbares Mindestmaß begrenzt werden.

Verärgerter Roland Koch und Jürgen Rüttgers

Porträt Koch (Foto: AP)
Hessens Ministerpräsident Koch will sich für die Rüsselsheimer Belegschaft einsetzenBild: AP

Der hessische Ministerpräsident Roland Koch, in dessen Bundesland das Opel-Stammwerk Rüsselsheim liegt, kritisierte die Entscheidung des GM-Verwaltungsrats scharf. "Ich bin sehr betroffen und zugleich verärgert, dass die monatelangen Bemühungen, für Opel Europa eine möglichst gute Lösung zu finden, an GM gescheitert sind", erklärte der Ministerpräsident. "Angesichts der negativen Erfahrungen der letzten Jahre mit der Unternehmenspolitik von GM mache ich mir große Sorgen um die Zukunft des Unternehmens und seiner Arbeitsplätze", sagte Koch weiter.

Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) kritisierte, GM lasse die Arbeitnehmer im Regen stehen. Das Verhalten des US-Konzerns zeige das "hässliche Gesicht des Turbokapitlismus" uns sei "völlig inakzeptabel". "Wir werden weiter für Opel und den Standort Bochum kämpfen", kündigte der CDU-Politiker an. Die nordrhein-westfälische Landesregierung hatte sich an den Hilfen für Opel beteiligt und sich für einen Verkauf an Magna eingesetzt.

Betriebsrat: Schwarzer Tag für Opel

Porträt Klaus Franz, Opel-Betriebsratsvorsitzender (Foto: AP)
Opel-Gesamtbetriebsrat Klaus Frank hat zu Warnstreiks aufgerufenBild: AP

Der Chef des Opel-Gesamtbetriebsrats, Klaus Franz, hat die Entscheidung des US-Mutterkonzerns als "schwarzen Tag für Opel" bezeichnet. "Den Weg zurück zu GM werden wir nicht mitgestalten", erklärte er. Daher hat der Opel-Betriebsrat die rund 45.000 Beschäftigten in Europa zu Warnstreiks und Protestaktionen gegen den Verbleib bei General Motors aufgerufen. Die Aktionen sollen am Donnerstag (05.11.2009) beginnen. Franz sagte, die Werke in Bochum, Kaiserslautern und Antwerpen seien nun von der Schließung bedroht. "Der alte GM Plan ist wieder auf dem Tisch". Das bedeute, dass die drei Werke "akut gefährdet sind". Die Arbeitnehmer würden nun alle Zusagen über Einsparungen zurückziehen. Im Falle einer Übernahme durch Magna wären die Arbeitnehmer bereit gewesen, durch Lohnverzicht 265 Millionen Euro pro Jahr zur Restrukturierung von Opel beizutragen.

IG-Metall: Unglaublicher Vorgang

Auch IG-Metall-Chef Berthold Huber nannte es einen "unglaublichen Vorgang, 50.000 Beschäftigte in Europa einer monatelangen, nervenaufreibenden Hängepartie auszusetzen und am Ende eine nicht nachzuvollziehende Kehrtwende zu machen." GM habe durch jahrelange Managementfehler Opel erst in eine schwierige Lage gebracht. Es sei deshalb nur schwer vorstellbar, dass GM eine tragfähige Lösung auf den Weg bringen könne. "Für die IG Metall hat die Verhinderung von betriebsbedingten Kündigungen und die Sicherung von Standorten oberste Priorität", ergänzte Huber in Frankfurt am Main.

Treuhand ohne Einfluss

Die Opel-Treuhand, bei der 65 Prozent der Anteile der deutschen GM-Tochter geparkt sind, reagierte zurückhaltend. Der Beirat nehme diese Entscheidung zur Kenntnis. "Ich hoffe, auch im Interesse der Beschäftigten bei Opel, dass dieser Beschluss Opel zu neuer wirtschaftlicher Stabilität verhilft", erklärte der Vorsitzende des Beirats, Fred Irwin. Die Treuhand verwaltet 65 Prozent von Opel; die restlichen 35 Prozent liegen bei GM. Der Beschluss des GM-Verwaltungsrats bedürfe nicht der Zustimmung der Treuhand, hieß es.

Autor: Martin Schrader, Annamaria Sigrist (mit ap/dpa/rtr/afp)
Redaktion: Rolf Breuch, Anna Kuhn-Osius